Löwen-Antreiber Schröter: "Haching? Ein echtes Derby ist das Spiel gegen die Bayern"

AZ: Herr Schröter, haben Sie den Begriff S-Bahn-Derby schon mal gehört?
MORRIS SCHRÖTER: Nein, aber ich kann mir schon vorstellen, was gemeint ist (grinst).
Sind Sie heiß für das Duell mit der SpVgg Unterhaching (Samstag, 14 Uhr) zuhause im Grünwalder Stadion - und wieder fit, nachdem Sie kürzlich das Training abbrechen mussten?
Ja, absolut! Danke, mir gehts's wieder ganz gut. Wir trainieren auf einem Platz, der relativ hart ist und beim Spiel in Saarbrücken war es sehr weich, dann hat das doppelt reingehauen. Ich hatte ein paar muskuläre Probleme und muss ein wenig aufpassen.
Schröter: "Ein echtes Derby ist für mich das Spiel gegen die Bayern"
Von den Löwen-Fans wird das Duell mit Haching manchmal kleingeredet. Wie viel Derby steckt für Sie drin?
Ein echtes Derby ist für mich das Spiel gegen die Bayern. Klar, gegen Haching ist es wegen der Entfernung ein Derby. Sportlich ist eine gewisse Rivalität da, aber auf den Rängen, wie es bei Sechzig gegen Bayern war, bei Schalke gegen Dortmund - eine ganz andere Hausnummer.
Das klingt nach ganz viel Fußball-Romantik. Bei der ein oder anderen Station im Osten dürften Sie auch Erfahrungen gesammelt haben, wie emotional es bei Derbys zugehen kann.
Oh ja. Bei Dresden gegen Rostock habe ich es auf beiden Seiten erlebt. Oder auch mit Rostock, wenn du zum Nordderby zu St. Pauli fährst. Alles abgesperrt, große Menschenmassen, da ist ein Knistern da. Man spürt, wie wichtig ein solches Spiel für den Verein ist. Das gefällt mir übrigens auch hier: Wenn was los ist rund um das Stadion, die Leute vor den Kneipen stehen, mit Trikot und Schal. Da wissen die Spieler: "Dafür machen wir's!" Dafür spielt man Fußball und dann darf man auch mal eine Woche feiern (lacht). Für das Spiel gegen Haching gilt: Wir haben ein Heimspiel, wollen unsere Performance auf den Platz bringen und als Sieger vom Platz gehen!
An dieser Stelle müssen wir mal eine private Frage einschieben: Tanzen Sie gerne?
Nein, überhaupt nicht. Wieso?
Im letzten Ligaspiel beim 1. FC Saarbrücken (3:2) Profis Boeder und Torwart Schreiber ganz schön ausgetanzt bei ihrem Geniestreich zum 2:0.
Das war ein schönes Tänzchen (lacht) - und kein alltägliches Tor. Es gehört schon ein bisschen Glück dazu, vor allem dann beim Schuss mit dem schwächeren Fuß aus spitzem Winkel. Aber ich hab' mich extrem gefreut über dieses Tor. Ein Doppelpack ist natürlich auch ein Traum. Viel wichtiger ist, dass wir am Ende 3:2 gewonnen haben, obwohl Niki Langs Verletzung der Stimmungskiller war für den ganzen Tag.
"Ich glaube schon, dass ein emotionaler Sieg pushen kann, eine Wende sein kann"
Bei Langs Kopfverletzung waren Sie mittendrin, haben händeringend die Sanitäter um Hilfe gebeten. Es war einer dieser Momente, in denen der Fußball komplett in den Hintergrund rückt, oder?
Absolut. Es war einfach schlimm, wie er da lag. Die Sanitäter waren nicht so schnell da, wie man es sich gewünscht hätte: Das ging mir zu langsam und die wussten gar nicht, was da Phase war. Da hatte ich schon das Gefühl, mal etwas lauter werden zu müssen. Da konnte noch keiner wissen, dass er drei Stunden später wieder mit uns im Bus sitzen konnte. Zum Glück ist nichts Schlimmeres passiert.
So ein emotionaler Saarbrücken-Sieg kann ja ein Wendepunkt für eine bisher etwas magere Drittliga-Saison sein - und dann folgt die Pleite im Totopokal-Viertelfinale bei Bayernligist FC Pipinsried.
Natürlich hoffen wir, dass mal ein Lauf entsteht, dass wir mal von positiven Ergebnissen getragen werden. Leider kam jetzt die Länderspielpause mit diesem Totopokal-Spiel in Pipinsried dazwischen. Ich glaube schon, dass ein emotionaler Sieg pushen kann, eine Wende sein kann. Wir haben schon öfter gesehen, wie bitter es ist, wenn man Spiele aus der Hand gibt - gerade solche, die du eigentlich gewinnen musst. Zum Glück haben wir auch gesehen, wie schön es sein kann, wenn du in den letzten Minuten gewinnst, mal so ein Ding am Ende noch verteidigst. So ein Gefühl müssen wir konservieren - und das öfter herbeiführen. Man darf sich in keinem einzigen Spiel ausruhen, denn uns schenkt keiner was.
Das bisherige Saisonfazit lautet ja: viel Aufwand, wenig Ertrag. Welche Gedanken schießen Ihnen in den Kopf, wenn Sie an jene Elfmeterszene in Köln zurückdenken, als Sie eigentlich gefoult wurden und 1860 das 2:1 hätte schießen können - der Schiedsrichter Sie aber vom Platz gestellt hat und die Löwen noch verloren hat?
Das ist natürlich Wahnsinn. Vielleicht wären die Spiele danach dann auch besser gelaufen. Aber da können wir viel, viel früher anfangen: Wenn ich daran denke, welche Tore wir zuhause gegen Lübeck oder Aue gekommen haben. Wir haben oft geführt, viele ordentliche Spiele gemacht. Auch in Köln, aber da kam die angesprochene Entscheidung des Schiedsrichters. . .
. . .es hat Sie immer noch nicht losgelassen, wie Timon Schulz das Spiel mit seiner Kartenflut beeinflusst hat, unter anderem mit Ihrem unberechtigten Platzverweis?
Ich habe danach ja noch versucht, mit ihm zu reden. Da stehen fünf Securities vor der Tür und sagen: "Hier kommt keiner rein." Heutzutage wäre es doch das Einfachste, sich die Handynummer zu holen und zu sagen: "Pass auf Morris, das hab' ich nicht richtig gesehen. Tut mir leid, dass Du jetzt deswegen auch noch gesperrt bist!" Dann wäre das Ding für mich gegessen gewesen. Das ist leider nicht passiert.
Schröter: "Ich denke, man sieht, dass ich auf meiner Seite Alarm mache, wenn ich spiele"
Vier Tore und zwei Assists in elf Ligaspielen: Inwieweit sind Sie denn mit Ihrer persönlichen Bilanz zufrieden?
Das finde ich in Ordnung. Mich ärgern die Spiele, die ich ausgefallen bin. Aber ich bin schon ganz froh, wieder was aufs Scorerboard zu bringen, nachdem es bei mir im letzten Jahr bei Hansa Rostock nicht so gelaufen ist. Ich denke, man sieht, dass ich auf meiner Seite Alarm mache, wenn ich spiele.
Und was sagen Sie zum großen Ganzen? In der Vergangenheit ist 1860 mehrfach am Aufstieg gescheitert, nun soll es eine Übergangssaison sein. . .
Man kriegt schon mit, dass das Umfeld hier bei Sechzig besonders ist (schmunzelt). Aber das beeinträchtigt mich als Spieler nicht. Wenn man Erfolg hat, ist es natürlich einfacher, manche Dinge wegzulachen. Wir als Spieler sind dafür zuständig, die bestmögliche Leistung zu bringen. Diese Liga ist so eng. Regensburg gewinnt acht Spiele in Folge, dann bist du schnell oben dabei. Aber wenn du mal vier, fünf Spiele verlierst, wirst du schnell durchgereicht. Wir haben von Anfang an gesagt, dass wir von Spiel zu Spiel schauen. Und dabei bleibt es.
Wie bewerten Sie die Voraussetzungen bei 1860, um nach oben schauen zu können? Aktuell fehlt ja sogar ein Sportchef, um die nächste Spielzeit zu planen.
Das ist überhaupt nicht mein Thema. Ich persönlich habe noch Vertrag über das Saisonende hinaus und kann mich daher voll und ganz auf das konzentrieren, was auf dem Rasen passiert. Eines ist aber klar: Wenn sportlicher Erfolg über einen längeren Zeitraum da ist, bestehen hier bei Sechzig enorme Möglichkeiten.