Löwen: 8,681 Millionen und ein russisches Darlehen

MÜNCHEN - Die Finanzsituation bei 1860 wird bedrohlicher. Sanierer Schäfer will an „Altlasten herangehen“.
Jede Hilfe ist willkommen. Und so Freude sich die Löwen-Bosse am Sonntag beim 0:1 gegen Paderborn sehr, einen neuen Fan in der Allianz Arena begrüßen zu dürfen. Kardinal Reinhard Marx schaute sich auf der Ehrentribüne das Spiel an. Marx ist Mitglied von Borussia Dortmund, die „Löwen sind mir aber auch sehr sympathisch“, sagte der Erzbischof von München und Freising.
Einen sehr lebendigen Eindruck dürften die Löwen beim Kardinal aber nicht hinterlassen haben. Nur 13600 Zuschauer hatten sich bei der ersten Heimniederlage der Löwen in die Arena verirrt. Und sonderlich fröhlich wirkten Marx’ Sitznachbarn auch nicht. Zu ungewiss scheint die Zukunft in diesen letzten Adventstagen. Bis zum 13. Januar muss der Klub der DFL eine Liquiditätszufuhr von 5,3 Millionen Euro nachweisen, sollte dies nicht gelingen drohen weitere Punktabzüge, bis zu sieben Punkte.
„Es gibt klare Auflagen, und die bedeuten, dass dem Team ein weiterer Punktabzug droht und man sehen muss, wie die Banken darauf reagieren“, sagte Aufsichtsratsboss Otto Steiner am Wochenende in der „SZ“. Die Frist bis Mitte Januar bezeichnete Steiner als „Nadelöhr“, die Chancen, dass die Löwen da durchkämen, bezifferte er nüchtern nur auf „fifty-fifty“.
Wohl auch, weil die Finanzmisere weit dramatischer ist als bisher angenommen.
Der Liquiditätsbedarf bis Ende der Saison liegt nach Informationen der „SZ“ bei 8,681 Millionen Euro. Das Blatt beruft sich hierbei auf eine DFL-Mitteilung im Rahmen des Lizenzierungsverfahrens. Diese Zahlen sind unstrittig – und bedeuten für Geschäftsführer Robert Schäfer, Schatzmeister Dieter Schneider und Aufsichtsrat Steiner eine Mammutaufgabe. Allein durch weitere Einsparungen und Spielerverkäufe wird diese Summe nicht aufgebracht werden können. „Wir sind auf die Hilfe von Investoren angewiesen“, bestätigt Schäfer, „ohne die geht es nicht.“ Zuletzt schienen die Verhandlungen mit neuen Geldgebern aber ins Stocken geraten zu sein. Ein Verhandlungserfolg vor Weihnachten scheint unwahrscheinlich. Auch eine Umschuldung der Kreditlinien ist geplant, aber bisher noch lange nicht umgesetzt.
Und so kann derzeit niemand seriös sagen, ob die bilanziell überschuldeten Löwen – die Gesamtschulden inklusive aller langfristigen Kredite und Darlehen belaufen sich auf rund 14 Millionen Euro – im Profigeschäft noch ein weiteres Weihnachtsfest erleben werden. Schäfer wirbt bei den Partnern und Banken mit Transparenz und „schonungsloser Offenheit“ – und will positive Signale empfangen haben. Das Sanierungskonzept soll demnächst von einem externen Sanierungsberater auf Machbarkeit geprüft werden. Außerdem will der Geschäftsführer nun auch „an die Altlasten herangehen“.
Zu diesen Altlasten gehört – neben den Stadionverträgen – unter anderem auch ein Millionen-Darlehen aus Russland. In der Saison 2004/2005 überwies eine offenbar in Russland lebende Estin eine Million Euro an die Löwen. Nach AZ-Informationen handelte es sich hierbei um eine Geldspritze der Familie von Denis Bushuev. Der mittlerweile 28-jährige mäßig talentierte Russe stand in jener Saison im Zweitligakader der Löwen, kam aber nur sieben Mal in der Regionalligamannschaft zum Einsatz. Bis Ende der letzten Saison war er dann als Jugendtrainer bei 1860 tätig. Vor sechs Jahren hieß es, Bushuevs Familie hätte die Summe den Löwen geschenkt, tatsächlich war sie nur geliehen – wobei die Rückzahlung mehrere Male gestundet wurde. Auch jetzt noch mal?
Filippo Cataldo