Lienen will Spaß: „Es gibt Schlimmere als mich“

Der neue Löwen-Coach spricht in der AZ über seine Ziele, sein Image, seine Zettel-Wirtschaft und seinen Schwiegersohn.
von  Abendzeitung
Hände hoch! Ab sofort sagt er den Löwen, was sie zu tun haben: Ewald Lienen
Hände hoch! Ab sofort sagt er den Löwen, was sie zu tun haben: Ewald Lienen © Rauchensteiner/Augenklick

Der neue Löwen-Coach spricht in der AZ über seine Ziele, sein Image, seine Zettel-Wirtschaft und seinen Schwiegersohn.

MÜNCHEN Als Ewald Lienen im Präsidenten-Zimmer an der Grünwalder Straße gut 45 Minuten lang geredet hatte, schaute er auf seine Edelstahluhr am linken Handgelenk: „Die halbe Stunde ist vorbei“, sagte der neue Löwen-Trainer schmunzeld und redete trotzdem weiter. Am rechten Handgelenk baumelte noch eine Uhr mit braunem Lederband. Grinsend meinte er dazu: „Die zeigt immer noch die griechische Zeit an.“ Lienen, der Löwe mit den zwei Uhrzeiten.

Jetzt ist der 55-Jährige in Giesing angekommen. „Ich helfe gerne“, sagt der Fußballlehrer aus Gladbach. Das ist auch dringend nötig, 1860 droht die Relegation. Vor dem Abstiegsduell gegen Aachen (Sonntag, 14 Uhr) sprach Lienen mit der AZ über:

seine kurzfristige Arbeit bei 1860: „Es ist jetzt nicht der Zeitpunkt, um zu philosophieren. Ich muss die positive Atmosphäre wieder herstellen, die irgendwann verschüttet wurde. Das fünfte Jahr in der Zweiten Liga – das ist nicht der Anspruch von 1860. Es muss jeder einzelne Spieler die Handbremse im Kopf lösen – ich will jedem Spieler das Gefühl geben, dass er gebraucht wird. In erster Linie muss der Spaß zurückkehren. Möglichkeiten habe ich nicht viele, die Benders fallen aus, und auch Daniel Bierofka.“

sein Image: „Der Felix (Magath, d. Red.) ist der Schleifer, ich bin der unzugängliche Zettel-Ewald (lacht). Für jeden Trainer gibt’s ein Attribut. Natürlich hatte ich mal Ärger mit Reportern, die die Unwahrheit geschrieben haben. Aber da geht’s um 0,5 Prozent.“

auslaufende Spielerverträge bei 1860: „Jeder hat in den zwei Wochen Zeit, zu überzeugen. Ich erwarte, dass jeder an seine Grenze geht, sonst hole ich lieber einen Amateurspieler. Ich lasse es nicht zu, dass einer der Mannschaft schadet.“

sein Verhältnis zu den Schiedsrichtern: „Das ist gut – ich hatte mal einen Vorfall mit Dardene, als ich ihm die Rote Karte aus der Hand genommen habe. Das war 1998, das ist 11 Jahre her. Es gibt schlimmere als mich: Werner Lorant, Ede Geyer…“

seinen Co-Trainer Abder Ramdane, der auch sein Schwiegersohn ist: „Der Schwiegersohn ist nicht mein Co-Trainer – ich sag’s anders: Der Co-Trainer ist mein Schwiegersohn. Ich würde nie mit jemandem zusammenarbeiten, von dem ich nicht überzeugt bin. Abder ist sehr fleißig, er war jahrelang in Freiburg, hat dort Volker Finkes System kennengelernt.“

Sorgenkind Sascha Rösler: „Ich habe am Mittwoch schon angefangen mit ihm zu reden. Er kann dieser Mannschaft mit seiner Spielübersicht und Torgefährlichkeit helfen.“

seine letzte Trainer-Station: „Ich bin bei Panionios Athen zweimal Fünfter geworden – und das mit dem drittkleinsten Etat. Die Fans sind auch bei 1860 mein Interesse, ich will sie wecken.“

seine Zettel-Wirtschaft: „Ich funktioniere sehr visuell. Wenn ich mir etwas aufschreibe, auch nur ein Wort, dann ist das in der Festplatte gespeichert. So habe ich auch spanisch gelernt.“

seine Visionen: „Wenn ich mal aktiv aufhöre als Trainer, dann würde ich gerne bei Schulprojekten helfen. Unsere Politiker verplempern das Geld in Dinge, die nichts bringen, dabei ist nichts wichtiger, als in unsere Jugend zu investieren. Der Schulsport geht immer mehr den Bach runter: Das macht mich ganz krank. Jeder Zweite läuft mit 20 Kilo Übergewicht rum, heute steht vor jeder Schule ein Süßigkeitenladen. Da könnte ich echt in Rage geraten.“

Oliver Griss, Filippo Cataldo

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