Lienen: Trainersprecher ohne Trainerjob

Wenn es nach 1860-Coach Reiner Maurer geht, soll sein Vorgänger Ewald Lienen künftig die Interessen der Zunft vertreten. Der Ex-Löwe kann sich das vorstellen – sondiert aber Angebote
München - Man kann sich Reiner Maurer dieser Tage als zufriedenen Mann vorstellen. Der Trainer des TSV 1860 hat seine Mannschaft trotz der jüngsten Pleite bei Hertha BSC auf Kurs gebracht, sein Job ist sicher, sein Ansehen stimmt. Vor allem der Ruf als seriöser, zuverlässiger und akribischer Arbeiter in der Szene gefällt ihm.
Und so kann er sich auch durchaus erlauben, sich für den einen oder anderen Kollegen stark zu machen. Am Montag bei der Trainertagung in Frankfurt traf Maurer auf seinen 1860-Vorgänger Ewald Lienen – und den könnte er sich nun in einem neuen Job vorstellen.
Die Trainer der ersten und zweiten Liga besprachen nach der Mülleimer-Wutrede des Stuttgarters Bruno Labbadia vor allem den Umgang mit ihnen in der Öffentlichkeit. Doch was auch immer sie besprechen oder beklagen, sie haben bislang keinen Interessensvertreter, der mögliche Anliegen, Reformen oder Beschwerden der Übungsleiter bei der DFL oder gegenüber den Schiedsrichtern vorträgt. Maurer glaubt, den perfekten Kandidaten gefunden zu haben: Lienen! „Der Ewald, das wäre der ideale Mann dafür. Er würde sich in meinen Augen dafür anbieten.”
Worum geht es konkret? Den Trainern stößt zum Beispiel das in ihren Augen zu hektische und zu forsche Vorgehen der vierten Offiziellen an den Seitenlinien auf. Zudem finden sie es problematisch, dass erfahrene Schiedsrichter aufgrund der Altersgrenze zu früh ausscheiden und zum Teil ungeübte Referees pfeifen, die jünger als so mancher Spieler sind. Außerdem wollen sie ein Mitspracherecht bei der Festlegung der Rahmenterminpläne bekommen und auch bei den Ansetzungen der Länderspiele wenigstens gefragt werden.
Maurer: „Es geht aber noch weiter. Wir würden zum Beispiel gerne mal Schiedsrichter ins Training einladen. Das würde denen und uns helfen. Es gibt also viele Punkte, bei denen es gut wäre, wenn es einen erfahrenen und akzeptierten Interessen-Verteter gäbe.” Maurer weiter: „Die Schiedsrichter haben den Herbert Fandel, den sie bei jedem Thema vorschicken können. So einen bräuchten wir auch mal.”
Maurer wünscht sich Ex-Löwe Lienen als Streiter für die Belange der 56 Trainer der ersten drei Ligen – sozusagen als Vorsitzender einer Art Trainer-Kommission. Das würde passen: Kaum einer in der Szene ist so politisch wie Lienen. In den Achtzigern war er in der Friedensbewegung aktiv. kandidierte sogar für den NRW-Landtag.
Lienen klingt von Maurers Idee angetan. Der AZ sagte der 59-Jährige am Dienstag: „Da geht Reiner zwar etwas weit. Aber es stimmt schon: Ich setze mich schon lange dafür ein, dass unsere Berufsgruppe stärker auftritt und sich aktiver positioniert. Wir sollen teilweise alles schlucken, aber das ist nicht mehr hinnehmbar." Lienen weiter: „Es ist sehr gut, dass endlich mal was passiert.”
Doch die Sache hat einen Haken: Lienen, der seit seinem Ausstieg bei Arminia Bielefeld im Sommer vergangenen Jahres keine Mannschaft mehr betreute und sich mit TV-Analysen und einem Video-Blog beschäftigte, will seine derzeit ruhende Trainertätigkeit noch nicht aufgeben. „Ich bin Fußballtrainer und will das auch noch bleiben. Dass ich im Moment keinen Verein habe, heißt nicht, dass ich für alles andere bereit bin.” Immer wieder mal taucht sein Name bei Trainer-Spekulationen auf. Manchmal in Deutschland, öfter aber noch in Griechenland, wo Lienen einen erstklassigen Ruf genießt und nach wie vor bei AEK Athen im Gespräch ist. Lienen: „Dazu will ich mich nicht äußern. Ich kann nur sagen, dass ich mich mit Angeboten beschäftige. Was daraus wird, muss man abwarten.”