Lienen: Das schwarze Sakko bringt den Löwen Glück
Egal ob’s stürmt oder schneit: Der Trainer wechselt sein Outfit nicht mehr – und seitdem verliert 1860 nicht mehr
MÜNCHEN Ewald Lienen hat schon viel ausprobiert seit seinem Wechsel im Mai zum TSV 1860: Der 56-Jährige wechselte oft die Aufstellung, dann veränderte er die Taktik, und er verschärfte auch mal den Umgangston. Doch an einem hält er seit dem 20. November 2009, dem Tag des überraschenden 1:0-Sieges beim damaligen Tabellenführer Bielefeld, konsequent fest: an seinem Outfit. Lienen scherzhaft zur AZ: „Dann muss ich mir nicht so viel Gedanken über meine Garderobe machen – und kann mich mehr um meine Arbeit kümmern.“
Egal, ob Schnee, Regen, Wind oder Sonne – Lienen erscheint seit seit diesem kalten November-Tag an den Spieltagen immer in der selben Kombination: Schwarzes Sakko, längsgestreiftes Hemd – und darunter ein wärmendes und engsitzendes Funktionsshirt von 1860-Ausrüster Skins, wie es auch seine Spieler unter dem Löwen-Trikot tragen.
Sein Aberglaube bringt ihn dazu, die Klamotten an Spieltagen nicht mehr zu wechseln.
Natürlich trug Lienen sein neues Glücks-Outfit auch am vergangenen Freitag in der Allianz Arena, beim 3:0-Triumph über Hansa Rostock – und er will es auch nicht mehr ausziehen. Zumindest so lange, bis die Serie mit dem TSV 1860 (sieben Spiele ohne Niederlage) reißt. Lienen erklärt’s: „Diese Kombination hat sich etabliert, damit fühl’ ich mich am wohlsten.“ Und sie hat einen schönen, nicht unwichtigen Nebeneffekt: Mit ihr verliert 1860 verliert nicht mehr.
Während Sportdirektor Miki Stevic immer dick eingepackt in seiner gut gefütterten Daunenjacke auf der Bank sitzt und selbst damit bibbert, turnt Lienen bei Minustemperaturen in seinem luftigen Frühlingsoutfit („Das wird immer gewaschen. Ich mag’s nicht, wenn ich stinke“) an der Seitenlinie rum. Für das Auswärtsspiel am Sonntag in Karlsruhe (13.30 Uhr, Liveticker bei abendzeitung.de) sind die Wetter-Prognosen für Lienen wieder ernüchternd: Bei Temperaturen um Minus ein Grad soll die Niederschlagswahrscheinlichkeit bei 60 Prozent liegen. Es soll leicht schneien. Trotzdem holt Lienen nicht die wärmende Lederjacke aus dem Kleiderschrank: „Ich will mich auf dem Platz auch bewegen können. Da stört eine dicke Jacke nur.“ Und da ist halt noch der Effekt, dass Lienens Dresscode den Löwen Glück bringt.
Übrigens: Schon einmal war ein Kleidungsstück für Lienen ein Ritual. Das hellblaue Hemd und die dunkelblaue Krawatte in Köln – es war das Markenzeichen des FC-Trainers. Damit hat der 1. FC Köln in der Zweitliga-Saison 1999/2000 nur noch selten verloren, stieg mit Lienen in die Bundesliga auf. Inzwischen liegt das blaue Hemd im Kölner Sportmuseum, wie Lienen weiß: „Das hat erst ein Wirt ersteigert und dann in seiner Kneipe aufgehängt.“
Ob Lienens Löwen-Outfit auch geschichtsträchtig wird? Oliver Griss