Lienen: Darf ein Chef Fehler zugeben?
Löwen-Trainer entschuldigt sich beim Team für seine Wechsel – und steigt im Ansehen
MÜNCHEN Es war ein Eingeständnis, das im Profi-Geschäft selten ist. „Wenn wir heute verloren hätten“, hatte Ewald Lienen nach dem Pokal-Triumph gegen Hertha BSC gesagt, „hätte es nur einen Schuldigen gegeben: Mich! Mate Ghvinianidize für Mathieu Beda ins Mittelfeld zu stellen, war völlig daneben. Ich muss mich bei der Mannschaft bedanken, dass sie so gekämpft hat. Ich war ihr heute keine große Hilfe.“
Wie bitte? Ein Chefcoach gesteht Fehler ein? In der 67. Minute hatte Lienen beim Stand von 2:0 den angeschlagenen Beda als und den starken Torschützen Kenny Cooper vom Feld geholt – und durch Ghvinianidize und Alexander Ludwig ersetzt. Nach diesen Einwechslungen verlor 1860 den Faden. Plötzlich stand es 2:2. Die Löwen mussten in die Verlängerung, ins Elfmeterschießen. „Meine Wechsel hätten dazu führen können, dass wir baden gehen“, hatte Lienen selbstkritisch gemeint. Denn: „Das, was Ghvinianidize geboten hat, war lächerlich.“ Trotz der Kritik am Georgier, gab sich der Löwen-Trainer selbst die Schuld. Schließlich hatte er den gelernten Verteidiger im Mittelfeld aufgeboten.
Bleibt die Frage: Hat der 56-Jährige mit seiner Ehrlichkeit an Autorität bei der Mannschaft verloren? „Nein“, sagte Verteidiger Torben Hoffmann am Donnerstag, „ganz im Gegenteil: Ich sehe das als Zeichen von Stärke. Das kommt selten vor in unserer Gesellschaft, dass Menschen zu ihren Fehlern stehen und nicht erst bei anderen danach suchen. Es gab bei 1860 auch schon Trainer, bei denen immer andere Schuld waren. Bei mir hat Lienen an Respekt gewonnen.“ Auch Elfmeter-Held Gabor Kiraly nahm den Chefcoach in Schutz. „Auch der Trainer darf Fehler machen“, sagte der Ungar, „Lienen steigt mit seiner Offenheit in meinem Ansehen.“ Oliver Griss