Löwen-Legende Bernd Patzke rechnet mit dem TSV 1860 ab: "Dann reden die noch vom Aufstieg – das ist ja lächerlich"
München - Bis zum 37. und vorletzten Spieltag hat es gedauert, bis der TSV 1860 endlich Gewissheit hatte: Abstiegskampf erledigt, Klasse gehalten! Fragt sich nur: Ist dies ein Grund zu feiern?
"Das ist schon ein trauriger Grund, die Korken knallen zu lassen", sagt Meisterlöwe Bernd Patzke zur AZ über die Rettung der Blauen nach dem 1:0-Auswärtssieg in Essen am vergangenen Freitagabend: "Das soll man feiern? Mir wäre deutlich lieber gewesen, wenn Sechzig am anderen Tabellenende etwas zu feiern hätte!" Für den gebürtigen Berliner sei der Klassenerhalt ein Erfolgserlebnis der Kategorie: "Zum Glück haben sie Schlimmeres verhindert!"
Der inzwischen 81-jährige Ex-Löwe (1964-69 und 1974) verfolgt sie noch immer, seine Nachfolgegenerationen, schließlich ist er vom berühmt-berüchtigten Löwen-Virus infiziert. Zudem wurde er erst kürzlich bei der Feier der Fußballabteilung zum 125-jährigen Jubiläum in Sechzigs Jahrhundertelf gewählt. "Das ist eine schöne Auszeichnung und freut mich", sagt Patzke dazu.
Bernd Patzke sorgt sich um die Zukunft des TSV 1860
Doch es tut sich für ihn eine gewisse Parallele zum gesicherten Klassenerhalt auf: "Schöner wäre, wenn die Jahrhundertlöwen nicht alle aus der Vereinshistorie der Vergangenheit ausgepackt werden müssten, sondern der ein oder andere aktuelle Spieler darunter wäre."

Was den einstigen Nationalspieler aber am meisten stört am aktuellen Geschehen rund um seine Sechzger: die aufgrund der ganzen Streitigkeiten im Verein völlig ungewisse Zukunft der Sechzger. "Jedes Jahr, jede Saison hat Sechzig einen neuen Trainer, einen neuen Sportchef, einen neuen Geschäftsführer. Der Investor ist gegen den Verein, der Verein ist gegen den Investor – und dann reden die auch noch vom Aufstieg. Das ist ja lächerlich", echauffiert sich Patzke, umso mehr, je länger er über den TSV 1860 ins Reden kommt.
Das Problem der entzweiten Gesellschafter, Investor Hasan Ismaik und die Vereinsbosse um Präsident Robert Reisinger: Sechzig fange jedes Jahr von vorne an, beziehungsweise die Entwicklung der letzten Spielzeiten gleicht eher einer Abwärtsspirale. Patzke dazu: "Wenn zwei Gesellschafter gegeneinander arbeiten, dann wäre doch jeder Verein blöd, in dem an einem Strang gezogen wird, in dem Kontinuität herrscht."
Der TSV 1860 steht erneut vor einem großen Umbruch
Aufgrund der beiden Löwen-Lager sei nicht verwunderlich, dass die sportlichen Erfolge ausbleiben: "Ein Verein braucht eine Perspektive, eine Mannschaft muss wachsen." Entnervt fragt er sich: "Wie soll das gehen, wenn jede Saison zehn Spieler gehen und zehn kommen?" Aktuell laufen 14 Spielerverträge aus, kaum einer dieser Profis wird 1860 nach AZ-Informationen erhalten bleiben. Aufgrund der geschilderten Zustände fürchtet Patzke, dass die weiß-blaue Abwärtsspirale noch nicht zu Ende ist: "Man muss hoffen, dass sie nicht noch absteigen in den nächsten Jahren."
Und wie soll es besser werden, wie soll 1860 einen neuen Kurs einschlagen? Von den anstehenden Neuwahlen im Verwaltungsrat will Patzke nicht viel wissen. "Ich interessiere mich eigentlich überhaupt nicht für Vereinspolitik, aber bei 1860 geht es zu wie bei der Ampel-Regierung", schimpft Patzke in Anspielung auf die Streitigkeiten unter den Parteien: "Dieses Lagerdenken ist Sechzigs größtes Problem."
Viel verspricht sich Patzke daher auch nicht vom neuen "Bündnis Zukunft 1860", denn an den festgefahrenen Zuständen lasse sich schwerlich etwas ändern. "Ich stehe Investor Hasan Ismaik relativ neutral gegenüber: Er hat 1860 gerettet, aber viel Geld zum Fenster hinausgeworfen." Und die Vereinsbosse? "Ich schätze, dass sie einfach so weiterwursteln. Ich hoffe sehr, dass Sechzig noch mal aufsteigt, solange ich lebe – aber ich sehe nicht, dass wir bald was anderes zu feiern haben."