Lauths große Show! Danke, Benny!

Der Abschied von Rekord-Torjäger Benny Lauth (und auch der von Daniel Bierofka) vom Heimpublikum in der Allianz Arena beginnt mit einem Eklat: Die Urlöwen sitzen bei 1860 zunächst nur auf der Bank. Der Torjäger aber jubelt am Ende. Und die Fans feiern ihn nach dem 2:0 gegen Bochum.
München - Sie waren unerbittlich. „Benny an den Zaun!“, skandierten die Fans in der Nordkurve nach dem 2:0 der Löwen gegen Bochum im letzten Saison-Heimspiel. Einmal. Zweimal. Dreimal. Beim vierten Mal drückte Benny Lauth endlich den Rücken durch und schritt heraus aus der Reihe der klatschenden Löwen-Spieler. Er stieg über die Werbebande, kletterte auf den Zaun, hob die Arme zum Himmel. Er lachte, klatschte die Fans ab, einige umarmte er auch.
„Es war ein grandioser Moment“, berichtete Lauth nachher. Er, der so lange in dieser Saison von den verschiedensten Trainern in Frage gestellt worden war, bis er endgültig seine Form verlor und nur noch als Torjäger außer Dienst fungierte, hatte an diesem Nachmittag, der sein letzter im Löwen-Dress in der Allianz Arena war, wieder den Lauth in sich entdeckt. Den geborenen Torjäger, den Benny Bomber. In der 58. Minute unter dem Jubel der Fans eingewechselt, zeigte sich Lauth, der von Gabor Kiraly die Kapitänsbinde überreicht bekam, „torgierig“ (Trainer Markus von Ahlen) wie zu besten Zeiten. Der Rekord-Torjäger der Löwen wollte sein drittes Saisontor, sein 85. insgesamt für seinen Herz-Klub.
Lesen Sie auch: Lauth: Wenn er grollt, dann leise
Erst versuchte er es nach einem schönen Zuspiel Daniel Bierofkas mit einem seiner Spezial-Tricks: Aus dem lockeren Trab, der immer ein wenig so aussieht, als hätte er ihn sich in seiner Jugend von einer Figur im „Lustigen Taschenbuch“ abgeschaut, zog er einen unwiderstehlichen Sprint an, und schoss knapp nach der Strafraumkante. Lauth hat viele seiner Tore so erzielt. Auch gestern wäre der Ball im Tor gelandet, hätte Bochums Luthe nicht eine Wahnsinsparade rausgehauen. Dann versuchte er es in der 86. Minute mit seinem zweiten Spezialtrick: Dem Air-Lauth. Trotz einer Körpergröße von 1,78 war er ja immer ungemein torgefährlich: Er sprang gerade hoch, schien fast in der Luft zu stehen, beugte den Oberkörper nach hinten, traf den Ball im richtigen Moment – und beförderte ihn im Bogen gen Tor. Als Luthe auch diesen Ball sensationell hielt, versuchte Lauth es in der Nachspielzeit eben mit einer Variante, die nie wirklich seine Spezialität war: Er staubte nach einer scharfen Hereingabe von Yuya Osako ab. Der Rest war Jubel.
Lauth sprang über die Bande, hin zur Nordkurve. Die anderen liefen ihm nach, nahmen ihn in die Mitte, klopften ihn auf Schulter, Kopf, Gesicht, Bauch, ach, überall hin. Dann sprang Lauth wieder zurück auf den Rasen, trabte parallel zur Haupttribüne entlang, als er seine Frau Juliane, Söhnchen Liam und den Rest seiner Familie und Freunde entdeckte, gab es ein paar fligende Handküsse. Lauth wurde immer ein gewisses Phlegma vorgehalten, was ungerecht ist, denn vor dem Tor explodierte er eben (fast) immer. Zumal das angebliche Phlegma eher ein Hauch von Melancholie ist. Und Lauth machte sich spätestens mit diesem Tor endgültig zum Helden dieses herrlichen Nachmittags für alle Fußball-Romantiker, Nostalgiker und Melancholiker.
„Ich hätte mir das nicht schöner vorstellen können. Natürlich habe ich mir ein Tor zum Abschied erträumt“, sagte Lauth, „ich konnte mich wenigstens ordentlich verabschieden und noch einmal zeigen, dass ich Tore schießen kann und noch Spaß am Fußball habe“.
„Das war das I-Tüpfelchen auf einen tollen Tag und eine tolle Karriere“, meinte Bierofka, der zweite Klub-Held, der gestern verabschiedet wurde, über dieses Tor. Der Treffer seines Kumpels sei der „emotionale Höhepunkt“ des Tages gewesen. Und dann folgte ein Satz, der aufhorchen ließ, vor allem, weil Bierofka ihn in der Luft stehen ließ, ihn nicht beendete. „Aber mehr will ich gar nicht mehr dazu sagen, sonst sag ich vielleicht was Falsches“.
Klar ist jedenfalls, dass Lauth den Klub nun auf Veranlassung Poschners verlassen muss. Das verstehen nicht alle bei 1860. Schon vor der Partie hatte sich auf der offiziellen Facebook-Seite des Klubs der Protest geformt, nachdem bekannt geworden war, dass Lauth und Bierofka zunächst nur auf der Bank sitzen würden. Necat Aygün, der dritte Ur-Löwe, der verabschiedet wurde, stand nicht mal im Kader. Vor allem Interimscoach Markus von Ahlen (der gestern seinen dritten Sieg im vierten Spiel feiern konnte) wurde dafür angegriffen. „Natürlich hätte ich gerne gespielt. Aber so, wie es gelaufen ist, ist es doch auch super“, sagte Lauth. Nur kein Streit an diesem Tag, an seinem Nachmittag mit seinen Fans.