Kurz wird plötzlich hart
Der Löwen-Coach darf (vorerst) wohl im Amt bleiben – und lässt seine Freiburg-Versager im Training schuften wie wahrscheinlich noch nie. "Wir haben das verdient", sagt Gregg Berhalter.
MÜNCHEN Natürlich war Lars Bender frisch geduscht, als er am Montagmittag aus der Trainings-Umkleide des TSV 1860 trat. Aber so rundum erfrischt wirkte der Löwen-Jungstar noch nicht. Zu arg hatten er und seine Mitspieler zuvor schuften müssen auf dem Übungsrasen. Bender sagte: „Das habe ich in zweieinhalb Jahren hier nicht erlebt."
Er meinte eine Übungseinheit, die zum Straftraining mutiert war. Einen Tag nach dem blamablen 0:2 gegen Freiburg ließ Trainer Marco Kurz seine Versager 70 Minuten lang Intervallläufe rennen, statt wie üblich gemütlich mit dem Radl durch die Isarauen zu radeln. Der sonst so nette Marco gab den harten Herrn Kurz. „Wir haben das verdient", fand Abwehrchef Gregg Berhalter, „wir sind selber schuld, dass es so weit gekommen ist.“ Die Löwen drohen, in der Zweiten Liga in Abstiegsgefahr zu geraten – nur fünf Punkte sind's bis zum Relegationsplatz.
Und Kurz? Der Coach darf wohl im Amt bleiben. Vorerst. Zwar hat er die schlechteste Bilanz aller Zweitliga-Trainer des TSV 1860 (nur 1,21 Punkte pro Spiel). Doch Micky Stevic, der neue Sportdirektor, will es mit Kurz offenbar noch einmal versuchen. Der Trainer hat vermeintlich einen guten Draht in die Mannschaft. Und eine Alternative gibt der Trainermarkt derzeit nicht her.
Freiwillig zurücktreten will Kurz natürlich auch nicht. Der 1860-Coach: „Stand jetzt bin ich noch Trainer, etwas anderes kann ich nicht sagen. Aber ich weiß natürlich, dass wir alle in der Schusslinie stehen.“
Sicher ist wohl: Die Löwen-Profis werden Kurz ab sofort von einer anderen Seite kennenlernen. Die Zeit der Streicheleinheiten ist vorbei; der angeschlagene Trainer („Ich bin schwer enttäuscht“) griff hart durch. Ein Signal an die Mannschaft: Keiner darf sich mehr sicher sein.
Allerdings: Für den Dienstag gab Kurz den Spielern trainingsfrei. 1860-Verteidiger Markus Thorandt: „Viele freie Tage hatten wir ja im Januar noch nicht – Regenerieren muss man sich auch mal.“
Am Mittwoch ab 10 Uhr startet der Zweitliga-Elfte dann die Vorbereitung auf Mainz (Sonntag, 14 Uhr) – möglicherweise wird auch ein kurzfristiges Trainingslager bezogen. Mit Kurz. „Ich gehe davon aus“, sagte der 39-Jährige, bevor mit seinem Audi Q7 davon brauste, „dass ich in Mainz auf der Bank sitze.“ Dann aber heißt sein Sitznachbar auf der Bank wohl nicht mehr Stefan Reuter, sondern Micky Stevic.
Oliver Griss