Kurz & Co: Im blauen Irrgarten

TSV 1860 zeigt sich beim 1:1 gegen Aufsteiger FC Ingolstadt zwar verbessert, findet aber keinen Ausweg aus dem Schlamassel. Nur ein Sieg in sechs Spielen, Tabellenplatz 15 in der Zweiten Liga - dabei wollten die Löwen oben mitmischen.
MÜNCHEN Ja, wirklich: Die Löwen haben gestern ein ansehnliches Fußballspiel abgeliefert. Nach den desolaten Leistungen der vergangenen Wochen, nach zuletzt zwei Spielen, in denen sie das Kunststück fertig gebracht hatten, sich insgesamt drei Strafraumaktionen zu erarbeiten, erinnerte das 1:1 gestern im Derby gegen Ingolstadt endlich wieder an etwas, was man gemeinhin Fußball nennt.
Doch bedeutend weiter bringt sie dieses Unentschieden gegen den Aufsteiger nicht. Die Löwen irren weiter im Tabellenkeller der Zweiten Liga umher. Nach sechs Spieltagen mit vier Pünktchen auf Tabellenplatz 15 zu stehen, das war nicht das, was sie sich vorgenommen hatten.
So sehr sich die Sechzger gestern berechtigterweise selbst loben konnten über ihre zurückgekehrte Spielfreude, so weit mussten sie sich auch selbst eingestehen, dass „der Weg zurück in die Erfolgsspur steinig“ sei, wie Trainer Marco Kurz meinte.
Deutlichere Worte fand gestern wieder mal Ex-Kapitän und Abwehrchef Gregg Berhalter: „Es ist schwer für uns, diese Situation zu akzeptieren. Platz 15, das ist für einen Verein wie 1860 natürlich zu wenig, das ist für jeden von uns zu wenig“, erklärte der 35-Jährige nach dem Spiel mit leiser Stimme. Berhalter war enttäuscht. Weil er so gerne erleichtert gewesen wäre.
Tatsächlich hatten er und seine Mitspieler gestern viel dafür getan, um nach dem Spiel erleichtert sein zu können. Sie hatten sich etliche Torchancen herausgespielt, die Stürmer Benny Lauth und Nachwuchshoffnung Manuel Schäffler (siehe Text unten) hatten ein harmonisches und stets anspielbares Pärchen gebildet. Und die Löwen waren durch einen schönen Schlenzer ihres Kapitäns Daniel Bierofka drei Minuten vor der Halbzeit völlig verdient in Führung gegangen. In der zweiten Hälfte hatte Lauth eine perfekte Vorlage von Schäffler nur neben das Tor gesetzt (68.), zuvor hatte Schäffler die Latte getroffen (65.).
Und wenn Zecke Neuendorf neun Minuten vor Schluss mit einem Treffer aus 30 Metern – „ein Tor, das nur alle 100 Jahre mal passiert“ (Berhalter) – nicht noch der Ausgleich gelungen wäre, dann hätten die Sechzger am Dienstag fröhlich und optimistisch auf die Wiesn gehen können. Jetzt ist das anders. „Nun gehe ich da nur mit schlechter Laune hin“, sagte Mate Ghvinianidze.
Weil sie sich weiter im blauen Irrgarten befinden.
Zwar erkennen sie einen „ganz klaren Fortschritt“, wie Sportdirektor Stefan Reuter befand. Und auch, dass „langsam wieder das Gefühl kommt, dass wir das schaffen und auch mal wieder dreimal hintereinander gewinnen können“, wie Berhalter glaubt.
Andererseits haben sie den direkten Weg aus dem Schlamassel noch nicht gefunden. Der Fehlstart droht sich zur Krisen-Serie auszuwachsen. „Am sechsten Spieltag gibt es noch keinen Abstiegskampf“, sagte Kurz gestern. Doch die Angst davor, die gibt es schon.
F. Cataldo, O. Griss