Kreuzer-Lob für Liendl: „Einer unserer besten Fußballer“

München - Was so ein einzelner Schuss doch alles bewirken kann. Es war ein Treffer ins Herz des FC St. Pauli, ein ungemein wichtiges Tor für 1860.
Und für ihn war es ein Statement: Ich kann es doch! Michael Liendl, österreichischer Spielmacher bei den Löwen, hat beim 2:0-Sieg gegen die Paulianer endlich gezeigt, warum er geholt wurde: Er kann den Unterschied ausmachen. Mit seinem Kracher aus fast 30 Metern schoss er das 1:0 und wurde damit zum Wegbereiter des Heimsieges.
Angeführt von Matchwinner Liendl und dem zweiten Torschützen (und Österreicher) Rubin Okotie sicherten sich die Sechzger mit dem nicht unbedingt erwartbaren Dreier gegen den Tabellenzweiten den zweiten Saisonerfolg und sprangen auf Relegationsrang 16 – es war aber auch eine ganz persönliche Liendl-Party. „Klar ist es für mich schön, wenn ich der Mannschaft helfen kann und wenn die Mannschaft sieht, dass ich auch helfen kann“, sagt der Neuzugang von Fortuna Düsseldorf der AZ, „das war für mich schon auch sehr wichtig. „Ich glaube, ich bin jetzt ganz gut angekommen.“
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Vor einem Monat wurde der gebürtige Grazer 30 Jahre alt. Er kam im Sommer als mit Meriten versehener Spieler mit einer starken Bilanz von acht Treffern und sechs Vorlagen vom Rhein an die Isar, als die Saison schon lief. Doch Unter Ex-Trainer Torsten Fröhling wollte es nicht so recht klappen mit dem Ankommen: Null Tore und null Vorlagen im Löwen-Leiberl, oft fehlte die Bindung zu den Kollegen. Nach drei Spielen fand er sich gleich auf der Bank wieder. Man wolle kompakt auftreten, ließ Fröhling verlauten und entschied sich lieber für Korbinian Vollmann, einem seiner durch und durch blauen Nachwuchsspieler. Offenbar war ihm Liendl zuvor zu damisch auf dem Feld umhergelaufen.
„Ich weiß nicht, wer Liendl favorisiert hat, Fröhling oder Necat Aygün. Oder ob Fröhling ein Liendl-Gegner war. Mich als damals Außenstehenden hat schon gewundert, warum er nicht mitgemischt hat“, erklärt Sportchef Oliver Kreuzer der AZ, „Liendl wird sich auch gedacht haben: Warum gibt der Verein für mich viel Geld (knapp 400.000 Euro, d. Red.) aus, wenn ich gar keine Rolle spiele?“
Der Spielgestalter, der die Rückennummer zehn und viele Vorschuss-Lorbeeren bekam, dazu: „Es ist nie einfach, wenn du so kurzfristig den Verein wechselst. Klar habe ich mir von Anfang an gewisse Dinge anders vorgestellt, aber das ist nicht mehr so wichtig, das ist vorbei.“ Kreuzer kann nachvollziehen, warum Liendl an der Grünwalder Straße anfangs eher raunzert (österreichisch für: schlecht gelaunt) war: „Er ist ein sensibler Spieler, ich glaube schon, dass das an ihm genagt hat. Unter Benno spürt er neues Vertrauen, er redet auch viel mit ihm.“
Während der ersten Möhlmann-Spiele hat’s auch noch gedauert mit dem Aufschwung, auch Kreuzer gibt zu, dass er zuletzt nicht glücklich über Liendls Leistung war; „In Braunschweig habe ich noch geschimpft über ihn, da hat er mir überhaupt nicht gefallen. Aber das weiß er, das habe ich ihm auch gesagt.“ Und Kreuzer gibt der AZ eine Kostprobe, was er dem Zehner mit auf den Weg gegeben hatte. „Er ist einer unserer besten Fußballer. Er kann mit seinem linken Fuß den tödlichen Pass millimetergenau in die Schnittstelle spielen. No-look-Pässe kann er. Aber das alleine reicht nicht in der 2. Liga. Er wird kein Gattuso, der sich über Zweikämpfe definiert“, so Kreuzer.
Während der italienische Abräumer Gennaro Gattuso, den Kreuzer zum Vergleich heranzieht, als knallharter Abräumer bekannt ist, lebt Liendl nicht von seiner Bissigkeit, sondern vom feinen Füßchen. Kreuzer: „Auch ein Spieler wie Liendl darf zweikampfstark sein, darf laufstark sein. Wenn er neben seinen fußballerische Qualitäten auch diese Elemente mit einbringt, ist er für uns ein ganz wichtiger Spieler.“
Die Kombination aus Möhlmann-Vertrauen und Kreuzer-Ansprache scheint gefruchtet zu haben, denn danach machte der Offensivspieler Manderl: Im Pauli-Spiel gab’s nicht nur den Liendl-Hammer, auch den Treffer von Okotie leitete er ein – ein rundum gelungener Auftritt. Doch auch ein selbstkritischer Liendl sieht nach wie vor Verbesserungspotenzial, gerade in der Abstimmung mit Torjäger Okotie: „Wir haben eine Zeit lang gebraucht, bis wir uns fanden. Ich glaube, dass es schon noch besser werden kann und besser werden muss“, sagt er und weitet auf die ganze Mannschaft aus: „Die Automatismen zwischen den
einzelnen Spieler werden sicher noch besser.“ Das ist auch dringend notwendig, denn gewonnen ist bisher noch nichts. Liendl: „Es gibt keinen einzigen Grund, dass man sagt, wir machen jetzt ein bisschen weniger oder man lehnt sich zurück. Wir müssen hart weiterarbeiten.“ Im Rampenlicht müsse er künftig auch nicht immer selbst stehen: „Ich muss nicht in jedem Spiel glänzen, ich will erfolgreich sein und mit der Mannschaft da unten aus dem Tabellenkeller raus. Die Reise soll da hingehen, dass wir in der Liga bleiben und sonst nirgends.“
Einer ist guter Dinge, dass Liendl so weitermacht: „Ich hoffe bloß, dass das keine Eintagsfliege war“, sagt Kreuzer lachend. Er scheint sich ziemlich sicher zu sein, dass der neue Ballermann endlich angekommen ist bei den Löwen. Und bald nachlegt.