Kreuzer: "Das Tabellenbild ist trügerisch"

1860-Sportchef Oliver Kreuzer spricht im AZ-Interview über den 2:0-Sieg beim FC St. Pauli, den Kampf um den Klassenerhalt und die Planungen der Löwen über die Saison hinaus - inklusive seiner eigenen Zukunft.
von  Matthias Eicher
Hat eine entspanntere Nachtruhe als vor zwei Wochen: 1860-Sportchef Oliver Kreuzer.
Hat eine entspanntere Nachtruhe als vor zwei Wochen: 1860-Sportchef Oliver Kreuzer. © sampics/Augenklick
München - Was für ein Befreiungsschlag für den TSV 1860: Mit dem 2:0-Auswärtssieg beim FC St. Pauli haben die Sechzger unter Neu-Trainer Daniel Bierofka den zweiten Dreier in Folge eingefahren und die Chancen im Kampf um den Nichtabstieg deutlich verbessert.
 
 
Wie Sportchef Oliver Kreuzer den Trainerwechsel von Benno Möhlmann zu 1860-Ikone Bierofka beurteilt, die komplizierten zweigleisigen Planungen und Wechselgerüchte um seine Person sieht, verrät er im AZ-Interview.
 
AZ: Herr Kreuzer, gut geschlafen nach dem 2:0 bei St. Pauli?
OLIVER KREUZER: Deutlich besser als vor 14 Tagen. Dieses Gefühl, die Spiele gewinnen zu können, ist wieder da.
 
Sie sind plötzlich Tabellen-14, ein Sieg im Abstiegskracher gegen Paderborn würde schon zur Nichtabstiegsparty reichen.
Ein weitaus besseres Tabellenbild als vor zwei Wochen. Aber: Es ist trügerisch. Wenn du zweimal verlierst, steigst du ab. Wir tun gut daran, genau so weiterzumachen wie zuletzt: fokussiert und entschlossen. Wir wollen Paderborn schlagen.
 
Warum klappt es unter Interimstrainer Daniel Bierofka plötzlich so gut?
Er hat entscheidende Dinge verändert: Durch seine Ansprache an die Mannschaft, durch Einzelgespräche, seine Trainingsinhalte und die Systemumstellung hat er etwas bewirkt. 
 
Michael Liendl dürfte über Bierofkas 4-3-3-System nicht gerade erfreut sein.
Michi ist ein hervorragender Fußballer, technisch vielleicht der beste, den wir haben. Aber: Für den Moment zählt nur der Verein. Keine Einzelschicksale. Biero hatte einen Plan im Kopf. Er hat den Tempofußball forciert, lässt höher angreifen. Für das schnelle Umschaltspiel brauchst du Tempospieler. 
 
Schon kurios, dass mit Liendl und auch Rubin Okotie der beste Vorbereiter und der beste Torjäger nicht auflaufen.
Das müssen sie akzeptieren – und, wie Biero gesagt hat, in positive Energie ummünzen. Okotie macht das Tor gegen Braunschweig, beide dazu einen Assist. Man merkt: Wie sich die nicht nur die beiden, sondern sämtliche Ersatzspieler beim Torerfolg freuen, wie sie mitfiebern, wie Rubin Sascha Mölders für ein gutes Spiel gratuliert: Wir haben einen richtig guten Teamgeist.
 
Unter Benno Möhlmann dieser zuletzt gefehlt. Warum hat die geplante Rettungsmission nicht funktioniert?

Entscheidend war, dass wir den Trend nach der Englischen Woche mit den drei Siegen nicht fortsetzen konnten. Wir haben einfach zu wenig Punkte geholt.

 
Hat sich Möhlmann am Ende durch einige unkluge Aussagen selbst entlassen?
Was war, ist Vergangenheit. Wir konzentrieren uns jetzt auf die beiden Endspiele, um die Klasse zu halten.
 
Stichwort Trainer: Weil Bierofka keinen Trainerschein hat, müssen Sie einen Nachfolger finden. Inwieweit sind Gespräche mit Markus Kauczinski oder anderen Kandidaten fortgeschritten?
Es gibt keinen neuen Stand. Konkrete Gespräche führen wir, wenn der Klassenerhalt unter Dach und Fach ist. Bisher gab es nur Ideen, Telefonate, Sondierungsgespräche.
 
Die ungewisse Ligazugehörigkeit ist auch für die Kaderplanung suboptimal: Zuletzt ging Talent Richard Neudecker ablösefrei zu St. Pauli.
Natürlich schmerzt es, ihn so gehen zu lassen. Ich bin kein Träumer. Du kannst nicht alle Talente halten, aber es muss sich wenigstens lohnen.
 
Dürfte auch sonst ein anstrengender Sommer für Sie werden.
Das wünscht man sich als Sportchef anders. Zehn Verträge laufen aus. Wenn du nicht weißt, ob du die Klasse hältst, der Trainer noch nicht feststeht, ist es schwierig.
 
Zuletzt gab es Gerüchte um Sie und Hannover. Können Sie denn versichern, dass Sie selbst im Sommer noch da sind?
Ja. Irgendjemand schreibt in Hannover, dass die Trainerkandidaten Slomka und Kauczinski heißen. Dann zählt man 1 und 1 zusammen und spekuliert mit Kreuzer. Aber ich hatte keinen Kontakt mit Hannover. Und jetzt zählt sowieso nur eines: der Klassenerhalt. 
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