Köllner macht den Löw und treibt Sechzigs Umbruch voran

München - Löwe Michael Köllner anstelle von Jogi Löw? Auf diese Idee dürfte DFB-Direktor Oliver Bierhoff dann doch nicht gekommen sein, zumal er dem Bundestrainer nach dem 0:6-Debakel gegen Spanien erneut das Vertrauen aussprach. Einige Fans des 1. FC Nürnberg dagegen haben den einstigen Aufstiegs-Coach des Clubs in den Sozialen Medien als Nachfolger auserkoren.
Löwe Köllner: Nicht der Bundestrainer von morgen
"Das höre ich zum ersten Mal. Aber ich weiß, dass es noch Club-Fans gibt, die mir vieles zutrauen. Es freut mich natürlich", sagte Köllner lachend. Er weiß aber auch: Seine Benennung als Bundestrainer ist trotz seiner Erfolge beim TSV 1860 so weit entfernt wie die Löwen von der Champions League.
Deswegen steht am Samstag kein Länderspiel an, sondern das Drittliga-Duell zwischen 1860 und Uerdingen (14 Uhr). "Uerdingen ist der Umbruch gut gelungen. Sie hatten in den letzten Jahren keine große Freude mit der Mannschaft", sagte Köllner über den etwa mit Weltmeister Kevin Großkreutz hochkarätig besetzten, aber wenig erfolgreichen Klub des unberechenbaren Investors Michail Ponomarev.
Sechzig will neun Punkte holen
Aktuell hat der rundum erneuerte Drittliga-Neunte ohne Großkreutz "mit die beste Abwehr der Liga" (wie 1860 mit 12 Gegentoren), dagegen eine "unterrepräsentierte Offensive" (10 Tore). Inklusive des wiedergenesenen Angreifers Adriano Grimaldi, der nach unschönem Abgang von 1860 im Grünwalder Stadion erstmals gegen seinen Ex-Klub auflaufen könnte.
Daher will Köllner nach dem bitteren 1:2 gegen Topfavorit Dynamo Dresden nun wieder einen Dreier einfahren. Mehr noch: Köllners ambitionierter Neuner-Plan für die Englische Woche, in der 1860 noch am Dienstag gegen den SC Verl und am Samstag darauf gegen Türkgücü antreten muss: "Wir streben neun Punkte an."
Köllner nimmt Joachim Löw in Schutz
Ansonsten drehte es sich schnell wieder um den DFB. Köllner verteidigt den Bundestrainer und die deutsche Mannschaft. Das historische Halb-Dutzend-Debakel gegen die Spanier treffe Köllner "auch persönlich, denn da leidet jeder Deutsche mit".
Dennoch: Man "tue gut daran, mit der Kritik vom Gas zu gehen", schließlich sei die Nationalelf "in zig Jahren sehr wichtig für Deutschland" gewesen. Köllner verwies auf den WM-Titel 1954, als "das Land in Trümmern lag" und der Triumph nach dem Zweiten Weltkrieg "viel Kraft gegeben" habe. Oder das Sommermärchen 2006, als man als WM-Gastgeber ein echtes Willkommensgefühl vermittelt habe. Auch der aktuelle Weg der DFB-Elf sei vorbildhaft für Sechzigs Jugendförderung.
DFB sollte "aus einem breiten Pool fördern"
"Ich war zwölf Jahre beim DFB und kenne den Laden aus einer anderen Perspektive", sagte der Löwen-Coach über seine Zeit als Jugendkoordinator: "Da hatte ich Spieler, die waren in der U15 Weltklasse - die hast du aber in der U19 nicht mehr gesehen." Im krassen Gegensatz dazu seien "manche, die in der U15 nicht im Ansatz interessant waren, am Ende Nationalspieler geworden". Von daher tue der DFB gut daran, "sich nicht nur auf die Spitze zu konzentrieren, sondern aus einem breiten Pool zu fördern".
Nicht nur auf die erste Elf konzentrieren
Was das mit 1860 zu tun hat? "Wir machen auch nichts anderes", stellte Köllner, der also den Jogi macht, klar: "Auch, wenn ich manchmal den Eindruck erwecke, ich würde mich auf die erste Elf konzentrieren: Man muss den Blick auf die Ausbildung aller Spieler richten und neue Generationen heranbringen."
Köllner nannte Dennis Dressel als Beispiel: "Er war bei 1860 auch nicht Elite." Vielmehr musste der 22-Jährige über den Umweg U21 einen zweiten Anlauf nehmen. "Wer hätte erwartet, dass er jetzt bei uns Elite ist?" Die nächsten Dressels wie die Junglöwen Niklas Lang, Maxim Gresler, Milos Cocic oder Johann Djayo, der dem Durchbruch nahe ist, müssten sich in Geduld üben. Ob eines der Talente wie zuletzt Ex-Löwe Florian Neuhaus irgendwann beim Bundestrainer landet?