"Kein Strom, kein Geld, das geilste Team der Welt"

Torwart Michael Hofmann, einst 14 Jahre bei 1860, steht mit Drittligist Regensburg in der Relegation. Hier träumt der 39-Jährige vom Aufstieg – und einem Duell mit seinen Löwen
von  Interview: Marco Plein
Michael Hofmann war 14 Jahre beim TSV 1860.
Michael Hofmann war 14 Jahre beim TSV 1860. © sampics/Augenklick

Torwart Michael Hofmann, einst 14 Jahre bei 1860, steht mit Drittligist Regensburg in der Relegation gegen den KSC. Hier träumt der 39-Jährige vom Aufstieg – und einem Duell mit seinen Löwen

AZ: Servus Herr Hofmann, als Sie vor zwei Jahren von den Löwen weggegangen sind, hätten Sie wohl nicht damit gerechnet, noch mal eine Chance auf die Zweite Liga zu bekommen. Jetzt stehen Sie am Freitag (20.30 Uhr, BFS live) in der Relegation gegen den Karlsruher SC.

MICHAEL HOFMANN: Dass wir mit Regensburg den Relegationsplatz geschafft haben, ist eine riesige Sensation. Ich hatte, als ich vor zwei Jahren 1860 verlassen musste, nur noch gehofft, auf gutem Niveau Fußball spielen zu können und Spaß zu haben. Doch es ist alles viel, viel besser gekommen als erwartet. Wir leben hier die pure Bescheidenheit, hier hatte keiner mit dem Relegationsplatz gerechnet. Wir dachten, wir spielen wie Unterhaching gegen den Abstieg. Aber dann kamen wir in einen Rausch. Auf einmal war die Arbeit für jeden das größte Vergnügen. Und jetzt wollen wir die Krönung. Und einen Spruch von meinem Teamkollegen Tobias Schweinsteiger wahrmachen.

Der da lautet?

Wir haben keinen Strom, wir haben kein Geld, aber wir sind das geilste Team der Welt. Im Ernst: Die ganz wilden Anekdoten, nach denen es hier beim Jahn kein Wasser gab oder der Stromanbieter öfter mal den Saft abgedreht hat, weil die Rechnungen nicht gezahlt wurden, gab's vor meiner Zeit. Aber auch heute ist das noch so, dass für viele Gegner eine Reise zu uns eine Reise in die Steinzeit ist. Wenn wir den Aufstieg schaffen würden und in Köln, in München oder auf dem Betzenberg spielen dürften, wäre das ein Traum. Der Weg zu uns wäre für viele aber ein Alptraum. Wir haben hier aus den einfachsten Bedingungen eine Tugend gemacht, aber ich stehe mittlerweile auf diese Verhältnisse. Die zeigen einem, worauf es im Leben ankommt. Wir haben weniger zu bieten als mancher Bayernligist. Aber dafür ist bei uns nichts gestellt.

Auch für Sie ist es immer wieder eine weite Reise. Täglich geht's von München nach Regensburg. Wie lange macht Ihr Wagen das noch mit?

Also zumindest bis nächsten Sommer, ich habe ja erst verlängert. Aber das stimmt, aus Faistenhaar nach Regensburg sind es 150 Kilometer – und das einfach. Wenn ich mal total kaputt bin, gönne ich mir ein Hotel. Ich bin 39, und in meinem Alter ist mir die Regeneration am wichtigsten. Aber ich genieße die Zeit im Auto auch, weil ich da abschalten und nachdenken kann. Nach zwei Jahren und 75 von möglichen 76 Spielen kann ich mit Sicherheit sagen, ich habe mehr Kilometer abgespult als Tore kassiert. Im Moment bin ich stolz auf das, was wir geschafft haben. Aber jetzt müssen wir noch zweimal glänzen gegen Karlsruhe, dann kann unser Traum tatsächlich wahr werden.

Sie werden zwar im November 40, dass Sie aber nächsten Sommer aufhören, glaubt Ihnen doch sowieso niemand, oder?

Mein Ziel lautet, so lange zu spielen, wie ich es mir und meinen Kollegen gegenüber verantworten kann. Ob das noch ein Jahr ist oder länger, weiß ich heute noch nicht. Was ich aber weiß: Ich will nicht mehr um Platz 14 spielen und 60 Tore kassieren. Dafür bin ich zu ehrgeizig. Das nimmt mit dem Alter nicht ab. Das wird sogar eher mehr.
Und bestimmt träumen Sie besonders von einem Spiel gegen Ihre Löwen.

Träumen ist untertrieben. Wie auch immer es bei uns weitergeht, sollten wir nächstes Jahr in der Allianz Arena spielen, muss ich unbedingt dabei sein. Egal, ob ich den Trainer bestechen muss oder ob wir mit zwei Torhütern auflaufen. Das ist kein Geheimnis, dass das ein ganz großer Traum von mir ist.

Genauso wie der, später wieder für 1860 zu arbeiten?

Dass mein Herz nach 14 Jahren in Giesing für die Löwen schlägt, ist doch kein Wunder. Aber ich will nicht von außen den Schlaumeier spielen oder um irgendwas betteln. Im Moment läuft alles prima bei 1860, ich hoffe natürlich auf den Aufstieg nächstes Jahr. Und wenn sich nach meiner aktiven Zeit vielleicht was ergibt, wäre das mit das Größte für mich.
 

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