Karsten Wettberg: „Zwei Fan-Generationen verloren“

Löwen-Legende Karsten Wettberg im AZ-Interview: Hier spricht der Ex-Trainer über sein gescheitertes Engagement beim TSV 1860, den neuen Coach – und den Anhänger-Schwund der vergangenen Jahre.
von  Ludwig Vaitl
Der Trainer bringt neue Hoffnung, das Stadion ist ein altes Leid-Thema bei den Löwen: 1860-Coach Torsten Fröhling in der Allianz Arena. Karsten Wettberg führte die Löwen Anfang der Neunziger Jahre als Trainer von der Bayernliga in Liga zwei. Bis Saisonende traniert er den ATSV Kehlheim.
Der Trainer bringt neue Hoffnung, das Stadion ist ein altes Leid-Thema bei den Löwen: 1860-Coach Torsten Fröhling in der Allianz Arena. Karsten Wettberg führte die Löwen Anfang der Neunziger Jahre als Trainer von der Bayernliga in Liga zwei. Bis Saisonende traniert er den ATSV Kehlheim. © Rauchensteiner/Augenklick

AZ: Herr Wettberg, Sie wollen nach Saisonende wieder als Scout arbeiten. Für die Löwen waren sie schon mal in ähnlicher Funktion tätig.

KARSTEN WETTBERG: Ich habe zu Zeiten von Florian Hinterberger und Miroslav Stevic auf Honorarbasis gescoutet. Wir wollten das vor der Saison mit anderen Ex-Profis – wie Willi Bierofka oder vielleicht Thomas Miller – machen, aber das war nicht gewollt. Mir hat Sportdirektor Gerhard Poschner gesagt, dass der Kader-Planer (Carlos Leal, d. Red.) seine rechte Hand ist, seitdem habe ich nichts mehr gehört.

Wie sehr ärgert Sie das?

Es wäre ja alles in Ordnung, wenn es laufen würde. Mir ist aber nur wichtig, dass 1860 in der Klasse bleibt. Das ist das Allerwichtigste.

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Glauben Sie an den Klassenerhalt?

Ja, davon bin ich überzeugt. Das kann man nicht als Erfolg feiern, aber das hat schon wesentlich bitterer ausgesehen. Fürth war die Wende, dieser Sieg war ungemein wichtig. Dadurch hat man auch Fürth mit reingezogen. Wenn man Aue schlägt, kann man durchatmen.

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Wenn man das nächste Heimspiel dann auch wirklich gewinnt...

Aue hat seit über 500 Minuten kein Tor geschossen. Da kann man mit Selbstbewusstsein ins Spiel gehen. Gegen wen werden wir denn sonst gewinnen, wenn nicht jetzt gegen Aue?

Welchen Anteil hat der neue Trainer Torsten Fröhling?

Torsten Fröhling ist es gelungen, aus dem Kader wieder eine Mannschaft zu formen, die ein System spielt, das zwar sicherlich nicht attraktiv ist, aber bei dem die Stärken des Teams und die der jungen Spieler wieder rauskommen.

Was macht er anders?

Er lässt das richtige System spielen, mit verstärkter Abwehr, mit schnellen Kontern, mit schnellem Umschaltspiel. Dafür haben wir genau die richtigen jungen Spieler mit Jannik Bandowski, Korbinian Vollmann, Marius Wolf oder wie sie alle heißen. Die Jungen brennen.

Wie beurteilen Sie den Torwartwechsel von Stefan Ortega auf Vitus Eicher?

Das sind halt solche Dinge, die ein Trainer entscheidet. Er wollte was ändern. Es ist ja nichts schief gegangen. Eicher hat sicher ein riskantes Spiel, aber man kann ihm auch keine krassen Fehler vorwerfen. Und so überragend war der Ortega auch nicht, dass da kein Weg an ihm vorbeigeführt hat.

Im Mittelfeld streiten sich Dominik Stahl und Ilie Sanchez um einen Platz neben Julian Weigl. Für wen würden Sie sich entscheiden?

Das wäre sicherlich Stahl. Bei Sanchez fehlt mir die Kreativität nach vorne und die Torgefahr sehe ich bei ihm gar nicht. Dabei müsste er ja eigentlich der Führungsspieler sein. Stahl macht nach der langen Verletzungspause auch noch den ein oder anderen Fehler. Aber du kannst dich auf ihn zu 100 Prozent verlassen, was Einsatz, Kampfeswillen und Zweikampfhärte betrifft.

Einen Spieler wie Stahl hätten die Löwen wohl schon früher in der Saison brauchen können...

Was am meisten gefehlt hat, war die Hierarchie. Dafür braucht es seine Zeit, wenn man eine völlig neue Mannschaft zusammenstellt und die Führungsspieler herausreißt. Jede Mannschaft braucht ein festes Gerippe, und das haben wir bisher nicht gehabt. Auch durch die Verletzung von Stahl.

 

Was denken Sie über die Debatte um die Allianz Arena, die den Verein vor finanzielle Probleme stellt?

Die, die den Vertrag abgeschlossen haben, müssen sich mal überlegen, wie man sowas hat machen können. Aber man kann es nicht mehr ändern. Man kann den Roten nicht vorwerfen, dass sie cleverer waren und wesentlich weiter, schon vor der WM. Die Logen haben damals schon fast alle den Bayern gehört und damit die Lizenz zum Gelddrucken, während wir unsere Miete nicht zahlen konnten. Wir verlieren ja mit jedem Jahr Zweite Liga einen Teil der jungen Generation. Zwei haben wir schon verloren. Andere Vereine machen es ja vor, die in der 2. Liga erfolgreich spielen und auch nicht mehr Geld haben als wir.

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Viele Fans träumen von einem eigenen Stadion oder einer Rückkehr ins Grünwalder Stadion.

Eine eigene Heimat wäre der Traum, aber das ist ganz schwer zu verwirklichen. Zuerst muss man sportlichen Erfolg haben.

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