Karim Matmour: Der Angsttherapeut

Bad Waltersdorf - Er sieht aus wie 25, ist aber schon 31. In seinen elf Jahren als Fußball-Profi kam er dennoch viel rum: Neun Vereine in vier Ländern und auf zwei Kontinenten hat Karim Matmour, Sohn algerischer Einwanderer nach Frankreich und bisher prominentester Neuzugang des TSV 1860, bereits abgeklappert. In der Lounge des Teamhotels in Bad Waltersdorf stellt sich der Wandervogel vor.
„Wandervogel? Was bedeutet das?“, will der Offensivspieler wissen – und rechtfertigt sich: „Ich habe eine lange Karriere hinter mir und wechsle ja nicht alle drei Monate. Zwei, drei Jahre bei einem Verein ist im modernen Fußballgeschäft eine lange Zeit“, so Matmour und führt als Beispiel den 1. FC Kaiserslautern an: „Dort hatten wir ein Ziel – den Aufstieg. Das haben wir zweimal knapp verpasst, danach war das Kapitel beendet.“ Damaliger Trainer beim FCK? Richtig, Kosta Runjaic, nun 1860-Trainer. Matmour: „Kosta hat mich angerufen, hat gesagt, dass er mich gerne hätte. Dann haben sich zum Glück auch die Vereine geeinigt.
Zuletzt erlebte der Offensivspieler zwei mehr oder weniger unglückliche Engagements: Bei Al-Arabi in Kuwait absolvierte er wegen einer internationalen Sperre und ausstehender Gehaltszahlungen nur zwei Pokalspiele (zwei Treffer). Letzte Station war Christopher Schindlers neuer Klub, der englische Zweitligist Huddersfield Town. „Viel Kick and Rush, 90 Minuten hin und her, so gut wie nie ein Foul“, beschreibt der 31-Jährige, „dort erwarten Schindler harte Zweikämpfe.“ Das sei für Matmour, dort trotz nur eines Treffers in 16 Spielen Publikumsliebling, kein Problem gewesen. Vielmehr habe sich seine Familie nicht wohlgefühlt. Also zog er mit seiner Frau, unter dem Künstlernamen Manel Filali in der arabischen Welt als Sängerin bekannt, und den Zwillingen Liliana und Cecilia (3 Jahre) die Konsequenzen – und folgte dem Ruf Runjaics.
1860-Trainingslager: Erstes Fazit von Trainer Runjaic
Beim TSV 1860 will der technisch beschlagene und schnelle Spieler, der sich nach eigener Aussage als rechter Außenangreifer am wohlsten fühlt, zu einer abstiegsangst-befreiten Saison beitragen. „Ich habe gesehen, dass die Vergangenheit hier nicht so war, wie sie sich alle vorgestellt haben. Wir müssen uns erst einmal stabilisieren, dann können wir weitersehen. Ein Verein wie 1860 muss ambitioniert sein, aber im Leben muss man Schritt für Schritt gehen.“
Seine ersten Gehversuche im Profi-Fußball tat er beim französischen Klub Straßburg, bevor er vom damaligen A-Jugend-Trainer Christian Streich nach Freiburg geholt und unter SCF-Ikone Volker Finke eine feste Größe bei den Profis wurde: „Er war wie ein Vater für mich.“ Es folgte eine erfolgreiche Bundesliga-Zeit bei Borussia Mönchengladbach.
Mit seinem späteren Förderer Runjaic habe er „sehr erfolgreich zusammengearbeitet“, das gemeinsame Ziel aber verpasst, weil wir zwar „eine gute Qualität, aber nicht die Nerven hatten“. Was ihm am alten und neuen Trainer gefalle? „Er will, dass wir das Spiel bestimmen, nicht nur reagieren. Das ist im Fußball schwer.“ Und bei Sechzig, wie die Vergangenheit zeigt, wohl noch ein bisschen komplizierter. Vielleicht kann Runjaic ja mit seinem eingefangenen Weltenbummler Matmour Abhilfe schaffen.