„Kalter Fremdkörper“
Warum der Löwen-Fan Roman Beer, der das Buch "Kultstätte Grünwalder Stadion" schrieb, Fröttmaning ablehnt und welche Visionen er vom Sechzger hat.
AZ: Auf der Delegierten-Versammlung forderten einige 1860-Fans: Raus aus der Arena! Für das Heimspiel gegen Wehen am Sonntag sind erst 19000 Tickets verkauft. Herr Beer, gehen Sie raus?
ROMAN BEER (Vorstand Freunde des Sechz'ger Stadions e.V.): Nein, wenn ich in die Allianz Arena gehe, dann nur noch zu Flutlichtspielen. Der Sonntag ist mir zu kostbar. Ich kann mich mit dem Stadion nicht anfreunden. Das liegt irgendwo in der Pampa, völlig abgeschottet. Eine nüchterne Erlebnismaschine - wie eine überdimensionale Couch. Der gemeine Fußball-Fan mag sowas nicht.
Der Stadion-Tourismus hat ohnehin beim TSV 1860 nachgelassen: Der Zuschauer-Schnitt liegt nur noch bei 27000...
Wundert Sie das? Das Stadion ist ein Fremdkörper in einer Einöde, kalt, hat null Bezug zur Stadt. Rechts der Müllberg, die Kläranlage, links der U-Bahn-Betriebshof und die Sondermüllverwertung - aber keine Gastronomie, keine Kneipen, kein Flair. Und dann noch der lange Fußmarsch. Da draußen hält man es nicht lange aus.
Trotz der Finanz-Krise des TSV 1860 sieht OB Christian Ude, der im Aufsichtsrat der Löwen sitzt, keinen Weg, aus dem Stadion rauszukommen.
Klar, auch die Politik hat 1860 zu diesem Projekt gezwungen. Wir hängen am Rockzipfel der Bayern, müssen uns endlich von diesem Zwangskorsett lösen. Wenn die Löwen gegenüber der Stadt und dem FC Bayern entsprechend auftreten würden, würde es eine Chance zum Ausstieg geben.
Und dann?
Meine Hoffnung ist das Jahr 2010. Dann gilt - meines Wissens - die Vereinbarung, dass in der Allianz Arena auch Konzerte stattfinden dürfen. Das ist die Chance für 1860!
Stimmt! Ihr Wunsch?
Die Optimallösung wäre ein ausgebautes Grünwalder Stadion - und als Übergangsmodell für dessen Bauphase das Olympiastadion. Als Löwen-Fan kann man es auf Dauer einfach nicht ertragen, Mieter des FC Bayern zu sein.
Sie beschäftigen sich seit Jahren mit dem Grünwalder Stadion, ist eine Rückkehr nach Giesing realistisch?
Warum denn nicht? Auch in anderen deutschen Städten werden Stadien im Stadtkern gebaut. St. Pauli, Dresden. Und was ich gehört habe, gibt es bei der Stadt München die Überlegung, eine neue Haupttribüne zu bauen, weil die alte nicht mehr zeitgemäß sei. Das wäre doch der ideale Zeitpunkt, um weiter zu denken: Die Stadt könnte das Grundstück erbverpachten - und 1860 sucht sich einen Investor. Lieber stottere ich dem die Miete ab als dem FC Bayern.
Interview: Oliver Griss