Jetzt kriegt Kurz Druck
Der TSV 1860, das Schlusslicht der Zweiten Liga. Hinter den Kulissen geht's schon rund. Wie Trainer Marco Kurz auf die deutliche Kritik von Präsident Rainer Beeck reagiert.
MÜNCHEN Schön, wenn man gute Vorsätze hat. Bei 1860 lautet einer: „Wir wollen jede Woche eine gute Nachricht verkünden.“ So hat es sich Rainer Beeck (46) vorgenommen, nachdem er zum Löwen-Präsidenten aufgestiegen ist.
Vielleicht ist es also als die gute Nachricht dieser Woche zu betrachten, dass Beeck jetzt – in der ersten sportlichen Krise dieser Saison – eingreift. Der Präsident macht Trainer Marco Kurz erheblichen Druck, nachdem die Löwen durch die Heimpleite gegen Mainz (1:2) ans Tabellenende der 2. Liga gerutscht sind. „Was wir am Sonntag gesehen haben, lässt noch keine Weiterentwicklung gegenüber der Rückrunde erkennen“, äußerte sich Beeck unerwartet scharf gegenüber dem „Münchner Merkur“. „Da ist nicht das passiert, was wir uns alle erwarten – und ich denke, dass ist auch bei allen Zuschauern so angekommen.“
Beeck hat sogar einen Krisengipfel mit Funktionsträgern des Klubs auf der Geschäftsstelle einberufen. Wer will, kann es als Signal werten, dass Marco Kurz dabei nicht mit am Tisch gesessen hat. Dazu hat der Trainer gestern erklärt: „Wenn der Präsident ein Gespräch mit mir will, dann soll er auf mich zukommen. Ich stelle mich gerne, aber ich sehe keinen Gesprächsbedarf.“ Anders als Beeck. Und die Art, wie er sich zu heiklen Löwen-Themen äußert, lässt für Marco Kurz nicht viel Gutes erahnen.
ERWARTUNGSDRUCK
Am Sonntag (14 Uhr) spielen die Löwen in Ahlen beim Aufsteiger. Beeck sagt im „Merkur“: „Der Druck ist da. Und er wurde nach einem dritten erfolglosen Spiel nicht kleiner werden, sondern noch mal deutlich größer. Daher müssen wir an Maßnahmen arbeiten, die uns schnell wieder auf den Erfolgsweg zurückführen.“ Das Präsidium werde „nicht dasitzen, von außen zuschauen und frustriert sein“. Sondern eben handeln. Das klingt wie ein Drohszenario.
TRAINERDISKUSSION
Die Trainerfrage zu stellen, findet der Klubchef, sei populär, zeuge aber von Hilflosigkeit: „Ob uns die wirklich weiterbringt? Davon sind wir nicht überzeugt.“ Das lässt den Rückschluss zu, dass Beeck und seine Führungskollegen beim Krisengipfel bereits über Kurz’ Verbleib kontrovers diskutiert haben. Sportdirektor Stefan Reuter hat Kurz zuletzt gestützt: „Er ist ein guter Trainer.“ Andere Führungskräfte wie Vizepräsident Franz Maget gelten nicht als Fürsprecher von Kurz. Der Trainer weiß das offenbar. „Die Unruhe im Umfeld ist nicht zu übersehen“, sagte Kurz gestern, „aber ich kann nur auf meine Arbeit schauen. Ich will in dieser Woche eine Reaktion von meiner Mannschaft sehen, und die wird sein, dass wir nicht ängstlich nach Ahlen fahren.“
SYSTEMKRITIK
Der ehemalige Hobby-Kicker Beeck („Mit der B-Jugend des TSV Gilching bin ich Münchner Pokalsieger geworden“) zweifelt offenbar an Kurz’ Taktik. Der Trainer lässt ein 4-4-2-System mit einer Mittelfeld-Raute spielen. Das sei modern, hat er gesagt. Aber ob er das richtige Personal dafür hat? Danny Schwarz, jahrelang Abräumer im zentralen Mittelfeld, findet sich in Kurz’ neuer Ausrichtung auf der rechten Seite wieder – und enttäuscht dort, wie beim 1:2 gegen Mainz.
Beeck im „Merkur“: „Marco Kurz hat ja umgestellt auf ein Rautensystem, und hier ist für uns die Fragestellung: Wird das so begriffen? Finden sich alle Spieler in diesem Spielsystem wieder? Die Herausforderung für den Trainerstab ist jetzt, Fehler zu suchen und das, was nicht funktioniert hat, zu ändern.“
Eine klare Anweisung. Auch wenn Kurz sich sperrt: „Es ist müßig über ein System zu diskutieren, Ich fordere von der Mannschaft, dass sie zu Hause dominant auftritt. Das sind die Dinge, wo ich ansetze. Das das hat nichts mit Systemfragen zu tun.“ Wohl eher mit guten Vorsätzen.
Oliver Griss