Japan-Knipser Osako: Konkurrenz für die Löwen
München - Ob die Christl noch ihren Wok hat? Vor zehn Jahren jedenfalls, als die Löwen im Januar 2003 Jiayi Shao verpflichteten, da empfing Christl Estermann den Mittelfeldspieler im Löwenstüberl stilecht mit einem chinesischen Spitzhut und einem Wokgericht. Shao, damals mit dem Beinamen „der Beckham Chinas“ an die Grünwalder Straße gekommen, hinterließ in München bis 2006 zwar nicht den bleibendsten Eindruck. Doch vielleicht sollte Christl jetzt zusätzlich noch einen Sushi-Kurs belegen. Denn: Die Löwen sind ganz heiß auf einen Japaner. Yuya Osako heißt der Mann, der die Sturmmisere der Löwen beheben soll. 19 Tore erzielte der Mittelstürmer in der abgelaufenen Saison in der J-League für seinen Klub Kashima Antlers – ein Treffer mehr als die gesamte 1860-Mannschaft bis zur Winterpause geschafft hat.
Auch die übrigen Daten des Spielers lesen sich gut: 23 Jahre alt ist Osako, zu seinen Toren kamen noch sechs Vorlagen in der Liga. Seit diesem Jahr ist er außerdem Nationalspieler, traf in fünf Länderspielen drei Mal. Der 1,82 große Osako gilt als, wie die meisten japanischen Fußballer, technisch beschlagen, schnell und körperlich robust – zumindest für japanische Verhältnisse. Vom Interesse der Löwen an Osako berichtete zuerst das seriöse japanische Magazin „Nippon Sports“, der Nationalspieler soll beim 2:2 der Löwen beim FSV Frankfurt schon auf der Tribüne gesessen und sich mit den Verantwortlichen getroffen haben.
1860-Sportdirektor Florian Hinterberger war am Wochenende nicht erreichbar, nach AZ-Informationen soll Osako aber ein unterschriftsreifer Vertrag des TSV 1860 vorliegen. Auf Youtube gibt es allerlei schöne Zusammenschnitte von Osakos Toren in dieser Spielzeit. Zu sehen ist da ein Spieler, der aus allen Lagen trifft und auch aus den unmöglichsten Situationen noch eine Vorlage oder ein Tor erzielen kann. Er erinnert ein wenig an eine Mischung aus dem jungen Alessandro del Piero und Michael Owen. Äußerst vielversprechend also.
Allerdings erinnerte ein Spieler, den die Löwen 2012 holten, auf den Youtube-Zusammenschnitten gar an den alternden Gerd Müller: Nach einem halben Jahr und null Treffern war Ismael Blanco wieder weg.
Wenn die Videos bei Osako mehr der Realität entsprechen, dann könnten sich die Löwen auf einen Spieler mit Star-Potenzial freuen. Das Tempo in der J-League ist zwar langsamer als in der Zweiten Liga, außerdem stehen einem in Nippon die Verteidiger nicht so auf den Füßen wie hierzulande, doch Osako scheint ein Stürmer, der sich die Bälle schon im Mittelfeld holt, Verteidiger ausspielt und treffsicher ist. Osako wäre der erste Japaner in Diensten der Löwen, in Deutschland aber sind japanische Fußballer seit Jahren en vogue, seit Shinji Kagawa 2010 für eine Ausbildungsentschädigung zu Dortmund wechselte und dort zum Superstar reifte, der schließlich für 15 Millionen Euro zu Manchester United ging. Im aktuellen Nationalmannschaftskader Japan stehen immerhin acht Bundesliga-Legionäre.
Auch 1860-Coach Friedhelm Funkel hat in Bochum mit Takashi Inui (jetzt Frankfurt) schon gute Erfahrungen gemacht. Und bald auch mit Osako? Das finanzielle Risiko bei einer Verpflichtung scheint überschaubar, laut „Nippon Sports“ soll er für rund 210.000 Euro wechseln können. Die Konkurrenz für die Löwen aber ist groß: Neben dem FC Basel, Bern und Freiburg gilt auch Zweitliga-Spitzenreiter Köln als interessiert am Japan-Knipser.