Irakis Rückzug - Steiner "Das beunruhigt mich"
AZ: Herr Steiner, die Löwen haben ereignisreiche Tage hinter sich, der Trainerwechsel wurde gefordert, der Rücktritt von Investor-Vertreter Iraki nicht. Viele Fans sorgen sich um die Finanzierung des Vereins, Sie auch?
OTTO STEINER: Im Grunde haben sich unsere Zielsetzungen durch seine Entscheidung ja nicht verändert. Wir müssen weiterhin dafür sorgen, dass wir finanziell unabhängig werden, das ist das oberste Ziel. Wir müssen unsere Defizite auf Null bringen, aber ohne das Engagement von Herrn Iraki, den ich persönlich als Geschäftspartner und Freund sehr zu schätzen gelernt habe, wird das nicht leichter.
Nachdem es ja zu Beginn viel Knatsch gegeben hatte, konnten die Löwen zuletzt viel Vertrauen in das Investoren-Modell aufbauen. Muss man jetzt komplett neu anfangen?
Es ist richtig, dass Herr Iraki das Investment von Herrn Ismaik bei uns hier verwaltet hat, er hat zu 90 Prozent die Kommunikation zu allen wichtigen Entscheidungen mit uns gepflegt, die beiden haben ein sehr großes Vertrauen zueinander. Es wird sehr schwierig, ihn gleichwertig zu ersetzen. Und wenn, dann braucht es Zeit. Herr Iraki hat sich als sehr starke Persönlichkeit mit Zielstrebigkeit und äußerst konstruktiv in den Verein eingebracht, davon haben wir alle profitiert. Er hat intensiv vermittelt und viele neuen Ideen entwickelt. Er war sozusagen das kulturelle Verbindungsstück zwischen dem Investor und uns, da er beide Seiten kannte und schätzte.
Ihre Wertschätzung macht den Abgang nicht leichter.
Ich bin sicher, Herr Ismaik wird die Posten schnell neubesetzen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er sich trotz seines Berufsalltags selbst um die Geschäfte bei 1860 kümmern kann. Außerdem wird Herr Iraki dem Verein ja in beratender Funktion weiterhin zur Verfügung stehen und er möchte sich auch künftig noch um das Stadionprojekt kümmern. Man sieht, dass er sich sehr schnell und
intensiv für uns begeistern konnte. Noch mal die Frage: Ist mit seinem Ausstieg das Gebilde mit dem Investor gefährdet?
Ich weiß, dass bei solchen Personalwechseln schnell Ängste entstehen, Herr Ismaik könne seine Lust an 1860 verlieren und alles hinwerfen. Und dass Herr Iraki seine Ämter jetzt niedergelegt hat, beunruhigt auch mich im Moment. Alles andere wäre Schönrednerei! Sein Ausstieg ist ein herber Verlust für uns, aber das Modell mit Herrn Ismaik ist mittlerweile schon eineinhalb Jahre gewachsen und kann auch Rückschläge bereits wegstecken.
Neben Iraki gab es noch einen zweiten Paukenschlag: den Trainerwechsel. Was erhoffen Sie sich von Schmidt?
In meinen Augen war es die richtige Entscheidung, denn die Mannschaft hatte zuletzt hilflos und ideenlos gewirkt. Wir sind mal wieder in großer Gefahr, im nichtssagenden Mittelfeld rumzudümpeln und mussten daher handeln. Jetzt hoffen wir, dass Alexander Schmidt seine unverbrauchte und frische Art dazu nutzen kann, die Mannschaft mit frischem Wind wiederzubeleben. Wir haben intern viele Namen diskutiert, aber erstens können wir uns keine großen Sprünge leisten und irgendwelche Startrainer verpflichten und zweitens trauen wir Alexander Schmidt zu, dass er das Team neu mitreißt und wieder nach oben führt.
Indem man Schmidt als jung und modern bezeichnet, weckt man Hoffnungen. Dabei ist Druck für ihn alles andere als förderlich.
Das stimmt. Natürlich hoffen wir auf den Tuchel-Effekt, das gebe ich gerne zu. Auch unser Trainer ist kreativ und frisch, und es wäre für alle das Beste, wenn seine Art bei der Mannschaft so ankommt, dass unsere Entscheidung die richtige war. Es stimmt, natürlich hat er Druck, wir aber auch. Wir müssen an unseren Dreijahresplan denken und sind gezwungen, uns weiter zu entwickeln. Wir dürfen nicht stagnieren. Aber daran denke ich nicht. Wenn die Richtung stimmt, gehen wir den Weg sehr gerne mit Schmidt weiter. Es klingt abgedroschen, aber jetzt ist die Mannschaft gefordert. Sie muss Schmidt folgen und auf seine Vorgaben eingehen. Wenn das passiert, mache ich mir keine Sorgen.
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