„Ich habe zehn Kilo abgenommen – stressbedingt!“

Am Montag wird die Deutsche Fußball-Liga dem TSV 1860 die Lizenz erteilen. Möglich gemacht hat die Rettung vor allem Dieter Schneider. Hier lernen Sie den Löwen-Boss von seiner ganz privaten Seite kennen.
AZ: Herr Schneider, Sie haben mir gerade gentleman-like eine Tasse Cappuccino gebracht. Selber haben Sie nur einen Pappbecher vor sich stehen. Was trinken Sie da?
Ganz einfach: Das ist eine halbe Tasse Kaffee mit heißem Wasser aufgefüllt. Muckefuck! Den macht mir immer Christl vom Löwen-Stüberl.
Und das schmeckt Ihnen?
Ja, mei. Das ist halt mein Getränk. Bei dem Kaffee, den es sonst so im Büro gibt, krieg ich sofort Magenprobleme.
Wie viel trinken Sie davon?
Da kommen schon einige Liter zusammen am Tag.
Wer macht Ihnen denn zu Hause den Kaffee?
Meine Frau. Und genau meine Mischung. Wir trinken daheim nur Nescafé, da kann man die Dosis gut steuern.
Ihre Frau stellt Ihnen jeden morgen brav den Kaffee auf den Tisch?
Nicht auf den Tisch, sondern ins Bad. Sie werden es nicht glauben, meine Frau bringt mir jeden Morgen um 6.30 Uhr eine Tasse ins Bad. Dann stehe ich auf, sitze im Badezimmer, schalte Bayern 5 ein, rauche meine erste Zigarette und höre 15 Minuten lang in Ruhe Nachrichten. Dann fange ich langsam an, Morgen-Toilette zu machen.
Wenn Ihre Frau Ihnen sonst noch was Gutes tun möchte, was kocht sie denn dann?
Saure Linsensuppe. Fleischpflanzerl mit Kartoffelbrei und gerösteten Zwiebeln. Das sind die Dinge, die ich mag.
Das ist ja bodenständig! Was ist für Sie Luxus?
Zeit ist Luxus. Mehr Zeit für Freunde, Familie – und für mein Hobby, die Fotografie. Ich würde mir gerne endlich mal eine Dunkelkammer einrichten. Ich bin der Haus- und Hoffotograf in meinem Freundeskreis. Ich habe auch immer drei Kameras dabei. An die Tiefenschärfe einer analogen Spiegelreflex kommt die digitale Fotografie nicht heran.
Jetzt sind Sie selbst zum beliebten Motiv geworden. Sie sind plötzlich prominent. Wie gehen Sie damit um?
Ich wehre mich nicht dagegen, obwohl ich nie im Mittelpunkt stehen wollte. Aber für den Verein ist es wichtig, dass eine Identifikations-Figur da ist. Idealerweise eine starke Figur, die eine Richtung vorgibt.
Sie sind Löwen-Präsident, besitzen aber auch noch eine Kunststoff-Firma, ein Autohaus und engagieren sich ehrenamtlich. Wie sehr leidet Ihr Privatleben darunter?
Bevor ich bei 1860 das Präsidenten-Amt angenommen habe, habe ich das mit meiner Familie besprochen und die haben gesagt: „Jawohl, Papi mach’s. Das schaffst du!“ Mein Riesenglück ist, dass meine Frau und meine drei Töchter, die alle noch zu Hause wohnen, voll hinter mir stehen. Ich habe nur manchmal ein schlechtes Gewissen, weil ich derzeit so gar keine Rolle als Familienvater und Ehemann übernehme.
Wann meldet sich denn das schlechte Gewissen genau?
Wir haben im Kroatien-Urlaub einem betrunkenen Tierquäler einen misshandelten Hund abgekauft. Ich habe damals meiner Frau versprochen, immer die abendliche Gassi-Tour um 22.30 Uhr zu übernehmen. Da ich aber die letzten Monate selten vor 23 Uhr zuhause war, muss sie doch immer raus.
Wenn Sie mal down sind, mit wem reden Sie dann?
Ich habe tatsächlich so etwas wie einen besten Freund, bei dem ich mich, pardon, auch mal auskotzen kann. Wir kennen uns seit Jahrzehnten. Mit ihm kann ich mich beraten und unterhalten. Wir sind alle nicht so stark, wie wir tun.
Sie sind trotz Ihrer Prominenz meist mit öffentlichen Verkehrsmitteln unterwegs. Warum fahren Sie S-Bahn?
Weil ich es für das Vernünftigste halte. Nicht unbedingt der Umwelt zuliebe. Man ist insgesamt einfach schneller – und ich spare mir die Parkplatzsuche.
Wenn Sie das Auto nehmen, welche Musik läuft dann?
Ich liebe Country-Musik. Ich war als junger Mann in den 70ern ein paar Jahre in den USA. Da hab ich in Memphis, der Hochburg des Country, gelebt. Das ist hängen geblieben.
Sie sind damals nicht etwa in Cowboy-Stiefeln und mit Cowboy-Hut rumgelaufen?
Doch! Auch wenn Sie sich’s nicht vorstellen können, ich hatte Schlangenleder-Stiefel und Schlaghosen, Hut und Schmuck. Die Südstaaten-Mode war einfach so. Das war „flashy“, das hat man damals gesagt. Zurück in Deutschland hab’ ich sechs Monate gebraucht, um mich modisch wieder umzustellen.
Damals schon mit Schnauzer?
Natürlich. Und mit langen Haaren dazu.
Heute trifft man Sie stets schick gekleidet. Sitzen Sie zuhause mal mit Jogginghose vor dem Fernseher?
Nein. Mir fehlt die Zeit zum Gammeln. Eine Jogging-Hose besitze ich natürlich. Ich habe die Gabor-Kiraly-Schlabber-Hose. In blau.
Gönnen Sie sich nach der Löwen-Rettung einen Sommer-Urlaub?
Meine letzten beiden Reisen musste ich wegen 1860 absagen und meine Frau alleine fliegen lassen. Aber Ende Juni geht es für 14 Tage in den Süden.
Wo geht’s hin?
Ich fliege dahin, wo jeder Deutsche hinfliegt: nach Mallorca. Eigentlich mieten wir uns sonst im Sommer in Kroatien immer ein etwas größeres Motorboot, um dort die tollen Inseln abzufahren. Da kann ich selbst immer schön Kapitän spielen! Heuer fehlte leider die Zeit, das zu organisieren.
Als Frau mache ich mir vor dem Urlaub immer Gedanken über meine Bikini-Figur. Das Problem kennen Sie nicht.
Kann man wohl sagen! Ich habe seit Dezember stressbedingt zehn Kilo abgenommen. Wenn jemand eine Diät machen will, geb’ ich ihm meinen Job, dann geht’s von selbst.
Gab es Momente, in denen Sie es bereut haben, 1860-Präsident zu sein?
Ja. Es gab diese Momente, da war ich ganz tief unten. Aber wer hätte es sonst machen sollen? Dieser Gedanke hat mich immer aufgebaut.