Holt 1860 einen "verrückten" Schweizer als Trainer?

Die Löwen haben großes Interesse am Luzerner Trainer Carlos Bernegger. Er würde in das Anforderungsprofil von 1860-Sportchef Gerhard Poschner passen.
München - Es könne gut sein, dass „wir einen Trainer holen, den keiner auf der Rechnung hat“, sagte Sport-Geschäftsführer Gerhard Poschner, als die AZ letzte Woche das Führungs-Quartett der Löwen zum Interview traf.
Nun, Carlos Bernegger dürfte dieses Profil voll erfüllen. Wie die AZ aus dem Umfeld beider Vereine erfuhr, soll der Gaucho-Schweizer einer jener Kandidaten sein, mit dem sich die Löwen ernsthaft beschäftigen. Bernegger, ein gebürtiger Argentinier mit schweizerischen Vorfahren, trainiert derzeit ziemlich erfolgreich den schweizer Erstligisten FC Luzern. Der Klub ist trotz bescheidener Mittel auf Europa-League-Kurs und spielt ebenjenen offensiven und spektakulären Fußball, der Poschner vorschwebt. Immer wieder stellte Bernegger seine Mannschaft auch in jenem offensiven 4-3-3 auf, das zum neuen Löwen-Spielsystem werden soll.
Der 45-Jährige, Sohn eines Postbeamten und einer Klavierlehrerin, der einst sein Medizinstudium zu Gunsten des Fußballs abbrach, nennt Carlos Bielsa, den früheren argentinischen Nationalcoach und Offensiv-Fetischist als sein Vorbild. Bielsas Spitzname: „El loco“, der Verrückte. Wie passend, dass Bernegger auch über sich selbst sagt: „Ich bin ein bisschen verrückt.“ Eine Eigenschaft, die beim Löwen eher für eine Einstellung spricht.
In Deutschland wäre Bernegger aber ein absoluter Nobody – der erst seit 13 Monaten Cheftrainer ist. Erst im April 2013 wechselte Bernegger, der zuvor Jugend-Koordinator, Amateur- und Co-Trainer unter anderem bei Grasshoppers und dem FC Basel gewesen war, nach Luzern. Er holte in der Rest-Saison noch 20 von 30 möglichen Punkten, derzeit ist der Klub Vierter. In der Schweiz heißt es, dass Bernegger, der verheiratet ist und einen zehnjährigen Sohn und eine siebenjährige Tochter hat, eigentlich gerne in Luzern bleiben würde – allerdings muss der Klub weiter sparen. Die Löwen dagegen wollen aufrüsten. Vorteil auch: Bernegger spricht Hochdeutsch und Spanisch - was helfen würde, wenn Poschner sich tatsächlich vor allem auf dem spanischen Markt nach neuen Spielern umsehen würde.
Als die AZ Poschner am Montag mit Bernegger konfrontierte, sagte er nur: „Kein Kommentar“. Ohne aber konkret zu dementieren. Was wohl schwer wäre. Nach AZ-Informationen sollen die beiden schon intensive Gespräche geführt haben über Berneggers Wechsel nach München. Luzerns-Sportchef Alex Frei bestätigte die Anfrage der Löwen dagegen mittlerweile. Es liege allerdings noch kein konkretes Angebot vor, man wolle um Bernegger kämpfen, sagte er "radiopilatus.ch".
Bernegger selbst sagte der "Neue Luzerner Zeitung" aber nur: "Ich kann dazu derzeit keinen Kommentar abgeben. Mein Fokus liegt auf den letzten vier Spielen, wie ich es auch von meinen Spielern verlange." Ein klares Bekenntnis zu seinem Klub, bei dem er bis 2015 noch unter Vertrag steht, konnte er aber nicht abgeben. Dass Bernegger sich ernsthaft mit der Anfrage aus München beschäftigt, scheint aber klar. Bernegger, der schon seit seinem 23. Lebensjahr als Trainer arbeitet, sei Vertragstreue gemeinhin sehr wichtig, sagen Leute, die ihn kennen. Bei seinen bisherigen Klubs war er immer über mehrere Jahre tätig. Ein Wechsel jetzt, nach nur 13 Monaten in Luzern, wäre untypisch für ihn. Allerdings könnte ihn die Aufgabe, in München etwas aufzubauen, sehr reizen. Und Luzern fährt, wie schon erwähnt, einen rigiden Sparkurs.