Hier werden die Löwen ein Team

1860-Trainer Alexander Schmidt legt so viel Wert auf Teambuilding-Maßnahmen wie nie zuvor.
Er macht sie zur Pflicht, die Spieler finden es „geil”. Wie es beim Canyoning war – was noch geplant ist
BAD HÄRING Die Blicke verraten Skepsis. Als Robert Popp, Chef des Outdoor-Camps in Kiefersfelden, den Löwen-Stars erklärt, worauf es beim Canyoning ankommt, gehen die Mundwinkel nach unten. Respekt und Nervosität machen sich breit bei den Fußballern des TSV 1860.
Beim Schluchteln, wie Canyoning auf Deutsch heißt, geht’s darum, eine Schlucht von oben nach unten abzugehen – durch Abseilen, Klettern, Springen, Rutschen, Schwimmen und Tauchen. „Wir werden auch mal aus zehn Metern von einem Felsen ins Wasser springen. Dasist ganz normal”, erklärt Popp, „wenn ich das überlebe, überlebt ihr das auch.”
Also nichts wie rein in die Neoprenanzüge, Helme auf – und ab in die Schlucht.
Als die Löwen dann die Felsen hinabkraxeln und immer wieder aus enormer Höhe ins Wasser springen müssen, weicht die Skepsis. „Das war richtig geil”, sagt Dominik Stahl später. Auch Moritz Volz meint: „Es war einfach mal was Neues. Ich wusste bislang ja nicht einmal, dass es Canyoning gibt. So eine persönliche Erfahrung schweißt einfach zusammen, weil sich der eine auf den anderen verlassen muss – vor allem beim Abseilen. Das fördert definitiv den Teamgeist.”
Alleine im Trainingslager sind drei Teambuildingmaßnahmen geplant. Trainer Alexander Schmidt legt so viel Wert auf diese Aktionen wie nie zuvor. Auf das Canyoning wird Geo-Caching und Wasserskifahren folgen.
Geo-Caching ist eine Art moderne Schatzsuche, wo Gruppen nur mit einem Navigationsgerät ausgerüstet im Wald ausgesetzt werden und einen „Schatz” finden müssen. „Das ist eine Grenzerfahrung. Sie sind nicht nur alleine mitten im Wald, sondern haben auch noch verschiedene Aufgaben zu bewältigen. Und auch wenn sie in Gruppen unterwegs sind, kristallisieren sich dabei Führungspersönlichkeiten heraus, die in der Gruppe Verantwortung übernehmen”, sagt Schmidt. Schon vergangene Woche bat der Coach zu einem gemeinsamen, etwas abgewandelten Biathlon.
Anstatt mit Skiern durch den Schnee ging es gruppenweise zu Fuß über den Rasen – und geschossen wurde mit Laserpistolen. „Wir müssen das Team noch enger zusammenschweißen, ich will beim Zusammenhalt noch ein paar Prozentpunkte mehr herauskitzeln”, sagt Schmidt.
Er will er bei seinem Team einen Mentalitätswechsel erreichen. „Sie müssen lernen, sich immer als Team zu bewegen, zusammen etwas erreichen zu wollen.” Die Teambuildingmaßnahmen hat er zu Pflichtveranstaltungen erklärt. In der Vergangenheit waren diese Aktionen bei den Löwen freiwillig – und wurden fast immer ablehnt. Volz hat dafür eine simple Erklärung: „Wenn du im Trainingslager bist, hast du einfach manchmal müde Beine und Knochen und es fällt dir schwer, dich aufzuraffen. Aber wenn du dann mal da bist, machen solche Dinge eigentlich immer Spaß.”
Auch Innenverteidiger Gui Vallori hat das Schluchteln gefallen. „Wir sind gerade dabei einen Art Neustart zu machen. Und durch solche Aktionen wird die Harmonie immer besser – und wenn die gut ist, kann man auch gemeinsam Erfolg haben.” Volz kennt solche Maßnahmen aus seiner Zeit als Profi in England. „Da sind wir mal Paintball spielen oder Go-Kart fahren gewesen. Aber sowas wie Canyoning haben wir dort nicht gemacht.”
Teambuildingmaßnahmen haben Tradition. Christoph Daum hat seine Spieler damals in Leverkusen zur Motivation sogar einmal über Scherben laufen lassen. Und der FC Bayern veranstaltet in seinem Trainingslager in Dubai jedes Jahr eine Wüstentour mit Kamelen. BVB-Trainer Jürgen Klopp lost stets die Zimmerbelegungen zu Beginn des Trainingslagers aus. Schmidt überließ dies nicht dem Zufall. Er bestimmte, wer sich mit wem ein Zimmer teilt. Angeblich ohne Hintergedanken. Schon klar...