Heiße Nummer am Kiez für die Löwen
Der TSV 1860, der im Jubiläumsjahr unbedingt aufsteigen wollte, liegt derzeit nur auf Platz 14. Trainer Ewald Lienen gibt sich vor dem Spiel auf St. Pauli zwar cool, weiß aber auch: „Wir müssen punkten“.
MÜNCHEN Zumindest ist Ewald Lienen eine ehrliche Haut: „Wir wissen, dass wir unter Druck stehen. Wir stehen punktemäßig nicht da, wo wir stehen wollen“, gibt der Löwen-Coach zu. „Aber ich schaue mir nicht jeden Tag die Tabelle an.“
Vor dem Gastspiel beim FC St. Pauli (Sonntag, 13.30 Uhr, Liveticker bei abendzeitung.de) sollte Lienen das aber mal tun – allein schon deshalb, weil 1860 nach den Vorstellungen des Präsidiums im Jahr des 150-jährigen Bestehens auf einem Aufstiegsplatz stehen sollte. Der bisherige Trend aber ist alles andere als erfreulich für die Löwen, die mit nur acht Zählern auf Platz 14 herumdümpeln.
„Mit jedem Spiel wächst der Druck“, sagt 1860-Vize Franz Maget. Nach außen spielt Lienen noch den Coolen: „Wir werden uns dadurch nicht verrückt machen lassen – nicht nach dem siebten Spieltag. Danach ist noch keiner auf- oder abgestiegen. Wir wissen selbst, dass wir noch einige Baustellen haben. Wir suchen nach Lösungen. Es liegt jetzt an uns, die richtige Mischung zu finden.“ Doch liegt das auch an Lienen? Bislang ist seine Bilanz wenig zufriedenstellend. In neun Spielen unter seiner Führung (inklusive der beiden letzten der alten Saison) holte der Klub 1,0 Punkte im Schnitt pro Spiel. Eine schwache Ausbeute. Nur Vorgänger Uwe Wolf (derzeit arbeitslos) arbeitete genauso erfolglos. Von jener Quote, die Ex-Trainer Reiner Maurer (1,75) vorweist, kann Lienen im Moment nur träumen.
Noch kann sich der Trainer des Vertrauens der Mannschaft sicher sein: „Ich sehe das Problem nicht beim Trainer“, sagte Verteidiger Torben Hoffmann der AZ. „Unser Problem ist, dass wir uns erst als Mannschaft finden müssen. Wir haben so viele Neue auf dem Platz. Ich bin mir sicher, dass Lienens akribische Arbeit bald Früchte trägt.“
Und wenn nicht? Dann könnte es bald ungemütlich werden für den 56-jährigen, der selbst mit der Vorgabe im Frühjahr 2009 angetreten war, den Verein nach dem Bundesliga-Abstieg 2004 zurück in die Beletage des deutschen Fußballs zu führen.
Doch die Kluft zwischen Anspruch und Wirklichkeit ist bei den Löwen – wie immer – zu groß. Und sollten die Löwen auch am Sonntag am Millerntor die Punkte liegen lassen, heißt es wie auch schon bei Lienens Vorgängern Bommer, Schachner, Kurz und Wolf: Abstiegskampf statt Aufstiegseuphorie.
Deswegen setzt sich auch Lienen selbst unter Druck: „Das Spiel in St. Pauli wird eine ganz heiße Nummer. Wenn wir bis zum Winter Anschluss halten wollen, dann müssen wir jetzt punkten.“ Die Kiez-Statistik ist auf Lienens Seite: Dreimal saß er als Trainer am Millerntor auf der Bank – dreimal hat er gewonnen. Lienen lächelt: „Dann wollen wir mal daran glauben.“ Oliver Griss