„Hatte er vorher was getrunken?“

Albrecht von Linde (64) war von März 2007 bis Mai 2008 Löwen-Präsident. In der AZ erinnert sich an Ziffzers Rauswurf. Der Ex-Geschäftsführer klagt jetzt gegen 1860.
AZ: Grüß Gott, Herr von Linde: Sind Sie schon aufgeregt?
ALBRECHT VON LINDE (Ex-Präsident des TSV 1860): Wegen was denn?
Na, am Freitag steigt ab 10 Uhr vor dem Landgericht München I der Ziffzer-Prozess: Ihr ehemaliger Geschäftsführer klagt auf Wiedereinstellung, nachdem Sie ihn im Mai 2008 nach dessen Wutrede in der Allianz Arena („Dieser Mann ist eine Schande") fristlos entlassen hatten.
Das sehe ich ganz entspannt. Außerdem geht's ja zunächst mal im Gütetermin um eine mögliche Einigung. Und 1860 wird freiwillig keinen Cent rausrücken. Ich glaube nicht, dass Ziffzer mit seiner Klage durchkommt.
Warum nicht?
Wie sich Ziffzer an diesem mittlerweile geschichtsträchtigen Tag benommen hat, war niveaulos und unverschämt. Ich weiß nicht, was ihn da geritten hat. Hatte er vorher was getrunken? Er hatte gewusst, dass ich spätestens im September zurücktrete – warum er dann nicht stillhielt, ist nicht zu erklären. Dieser Ausraster kostet ihn über eine Million Euro an Einkommen. Eine teure Dummheit.
Haben Sie mit der fristlosen Kündigung nicht überreagiert?
Nein – im Gegenteil. Ich würd's heute genauso wieder machen. Mein größter Fehler in meiner Amtszeit war, dass ich ihn nicht am ersten Tag gefeuert habe.
Am ersten Tag?
Ja, er hat mir schon am ersten Tag seinen Rücktritt angeboten. Ich war erst ein paar Stunden im Amt, da klingelte schon das Telefon. Am anderen Ende war die NF-Bank. Mir wurde gesagt, wenn ich Ziffzer feure, dann ziehe die Bank ihre Kreditlinie zurück. Das war doch alles abgesprochen.
Sie hatten Ziffzer vorgeworfen, dass er seine Hausaufgaben bei 1860 nicht gemacht hatte.
Ziffer war leicht zu durchschauen: Er hat die Sanierung nicht so vorangetrieben, wie es möglich war. Es hatte für ihn ja einen finanziellen Reiz, die Schulden nicht abzubauen, sondern lieber Sponsoren zu suchen. Schließlich kassierte er dafür Provisionen. Das steht so in seinem Arbeitsvertrag drin.
Die finanziellen Probleme sind geblieben, 1860 musste deswegen im Winter Timo Gebhart für drei Millionen nach Stuttgart notverkaufen.
Es tut mir leid, dass ich mich nicht mehr der KGaA länger widmen konnte. Ich hatte die Sanierung fertig in der Schublade. Eine Sanierung muss man mit der Brechstange angehen.
Gibt's denn überhaupt Einsparungspotential bei den Löwen?
Bei 1860 gibt es auch heute noch eine Reihe von Personen, die stehen auf der Gehaltsliste, warum aber, weiß keiner. In der KGaA arbeiten zwischen 33 und 40 Personen. Karlsruhe machte das in der 2. Liga mit 12 Leuten - und die haben auch heute mit 17 Millionen ein deutlich kleineres Budget als die Löwen. Wenn man nicht bald das strukturelle Defizit auf Null fährt, spielt 1860 bald in der Dritten Liga oder muss die Insolvenz anmelden. Das ist nur eine Frage der Zeit.
Interview: Oliver Griss