Handball-Legende Kempa: Fast ein Löwe

Den Kempa-Trick kennt jeder, der schon mal ein Handballspiel gesehen hat. Doch wer weiß schon, dass der Namensgeber beinahe Fußballer bei 1860 geworden wäre? Freitag feiert er 90. Geburtstag.
von  Abendzeitung
Nach Herbert Kempa ist Handball-Ausrüstung und ein Trick im Spiel benannt.
Nach Herbert Kempa ist Handball-Ausrüstung und ein Trick im Spiel benannt. © dpa

Den Kempa-Trick kennt jeder, der schon mal ein Handballspiel gesehen hat. Doch wer weiß schon, dass der Namensgeber beinahe Fußballer bei 1860 geworden wäre? Freitag feiert er 90. Geburtstag.

HAMBURG Bernhard Kempa hat alles fein säuberlich aufgeschrieben. Zwei Blätter in einem grüner Aktenordner beschreiben viele taktische und technische Ideen, die er in den fünfziger Jahren entwickelte, um das Handballspiel zu verfeinern. Und so hat er auch die Geschichte notiert, wie er 1954 jenen Spielzug entwarf, der fortan als „Kempa-Trick" bezeichnet wurde – die einzige Taktik, die in dieser Sportart je nach einem Spieler benannt wurde.

„Ein Anspieler hebt den Ball über die Abwehr, sein Mitspieler springt möglichst hoch in den Wurfkreis, fängt den Ball noch im Flug mit einer oder zwei Händen und wirft ein Tor“, so hat Kempa den Spielzug in seinem Aktenordner beschrieben. Am 24. März 1954 in der Karlsruher Schwarzwaldhalle düpierte er damit in einem Länderspiel die Abwehr der Schweden, die damals als das Nonplusultra des Hallenhandballs galten. „Beim ersten Mal klappte es nicht, weil ich die Größe der schwedischen Spieler falsch eingeschätzt hatte“, so Kempa.

Am Freitag wird der Mann, der mit diesem Trick in die Handballgeschichte einging, 90 Jahre alt. Er ist gesund. Und noch immer nimmt er teil an seiner Sportart. Als das Team von Heiner Brand vor ein paar Wochen nur ein Remis gegen Österreich erreichte, stöhnte er: „Was ist bloß aus der Nationalmannschaft geworden?“

Dabei wäre aus Kempa einst beinahe ein Fußballer geworden – und ein Löwe! Nach dem Krieg verschlug es den im oberschlesischen Oppeln Geborenen nach München. 1947 bot der TSV 1860 dem sportlich vielseitig talentierten Kempa an, in der damaligen erstklassigen Oberliga Fußball zu spielen. Kempa war interessiert, entschied sich im letzten Moment aber doch um – und ging nach Göppingen: Frisch auf Göppingen lockte mit einer Unterkunft und einer Stelle als Sportlehrer. Und so gelangte Kempa als Handballer in den Fünfziger Jahren, als der Feldhandball noch populärer war als das Spiel in der Halle, zu Weltruhm. Zusammen mit den Halbstürmern Hermann Will (Bayer Leverkusen) und Hein Dahlinger (THW Kiel) führte er die Nationalmannschaft zum Feld-Weltmeistertitel 1955. Dieses Kunststück gelang ihm später noch einmal, dazu kommen neun Meisterschaften und ein Europapokalsieg (1960). Nach seiner Karriere leistete er Handball-Entwicklungshilfe in Japan, Afrika, den USA und Kanada, was dem Weltverband einen Orden wert war.

In der Erinnerung haften geblieben ist Kempa aber vor allem wegen seines Tricks. Niemals habe er gedacht, dass seine Idee so nachhaltig den Handball beeinflussen könnte, sagt er. Umso stolzer macht ihn, dass dieses Element zuweilen auch große Meisterschaften entscheidet.

Unvergessen ist jener Kempa-Trick, mit dem Regisseur Markus Baur (als Anspieler) und Dominik Klein (als Torschütze) in der ersten Verlängerung des WM-Halbfinale von 2007 die Franzosen damit überraschten. Ohne dieses Tor wäre Deutschland womöglich 2007 nicht Weltmeister geworden.

Erik Eggers

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