Hamada Iraki: "Darum höre ich auf"

Erstmals seit seinem Rücktritt als Aufsichtsrat bei 1860 äußert sich Hamada Iraki, der bisherige Statthalter des Investors. Er sagt, es hätte keinen Streit mit Hasan Ismaik gegeben, erklärt aber unterschiedliche Positionen
AZ: Herr Iraki, Sie waren die letzten Tage in Abu Dhabi bei Löwen-Investor Hasan Ismaik. Haben Sie sich versöhnt?
HAMADA IRAKI: Wer keinen Krach hatte, muss sich nicht versöhnen. Ich weiß nicht, wo diese Geschichten herkommen, dass wir beide zerstritten wären und ich zu meinem Rücktritt von meinen Ämtern beim TSV 1860 gezwungen wurde. Jedenfalls sind das haltlose Gerüchte, die vor allem Hasan sehr betrübt haben. Wir sind und bleiben Freunde. Von einem erzwungenem Rücktritt kann ohnehin keine Rede sein. Hasan hat mich bei meinem Besuch inständig gebeten, mir die ganze Angelegenheit nochmal zu überlegen.
Fakt ist jedenfalls, dass Sie Hals über Kopf und völlig überraschend von Ihren Ämtern bei 1860 zurückgetreten sind. Die dürre Begründung war: Ihre drohende Arbeitsüberlastung infolge einer neuen beruflichen Herausforderung.
Und das ist die Wahrheit. Ich werde bald einen neuen Job antreten.
Man munkelt, Sie wechseln als Vorstandsberater zur Schweizer Großbank UBS.
Ich darf momentan noch nicht viel dazu sagen. Nur so viel: Ich werde im Investmentbanking-Bereich bleiben, aber nicht direkt zur UBS wechseln. Auf jeden Fall werde ich für diese große Herausforderung meine gesamte Energie und Konzentration benötigen. Ich habe mich die letzten ein ein einhalb Jahre fast jeden Tag drei Stunden mit 1860 beschäftigt. Das ist jetzt nicht mehr drin. Wer mich kennt, weiß, dass ich keine halben Sachen machen kann, also ist es ehrlicher, ich ziehe mich jetzt zurück.
Bei allem Respekt, aber das ist schwer vorstellbar. Sie sagen, Sie mögen keine halben Sachen. Nun ist 1860 lange noch nicht am Ende der Konsolidierung angelangt. Außerdem haben Sie immer den Eindruck erweckt, dass Ihnen das Spiel mit der Macht sehr großen Spaß macht.
Ich erinnere mich daran, dass Sie mich sogar mal als Macchiavelli beschrieben haben! Dabei sind Sie doch der Italiener...
Die Formulierung war: „Iraki agiert bisweilen wie ein palästinensischer Macchiavelli“. Und immerhin haben Sie mehrmals den Rücktritt von Präsident Dieter Schneider gefordert, bei 1860 Verbündete für diesen Plan gesucht und sich offen auf die Seite von Geschäftsführer Robert Schäfer gestellt. Im Januar haben Sie im Namen Ismaiks sogar einen Investitionsstopp verhängt – und sich schließlich mit Ihren Forderungen durchgesetzt.
Das sind alte Geschichten. Ich gebe zu, dass die ersten Monate der Zusammenarbeit zwischen 1860 und uns nicht leicht waren. Wir mussten uns aneinander gewöhnen und natürlich galt es auch kulturelle Unterschiede zu überwinden, die ganz klar da waren. Aber in den letzten sieben Monaten haben wir alle sehr vertrauensvoll zusammengearbeitet und zum Wohle des Klubs an einem Strang gezogen. Die Missverständnisse mit Präsident Dieter Schneider sind ausgeräumt, mit Robert Schäfer habe ich von Anfang an sehr vertrauensvoll zusammengearbeitet und zu Vereins-Aufsichtsratschef Otto Steiner hat sich über die Zeit eine Freundschaft entwickelt. Und die Zahlen und Erfolge sprechen für sich.
Inwiefern?
Die Bilanz sah bei 1860 meiner Meinung nach nie so gut aus wie jetzt. Wir haben die Verluste um 70 Prozent reduziert, haben die Ausgaben um 4,5 Millionen Euro gekürzt und die Einnahmen – zumindest leicht – gesteigert. Bevor wir angefangen haben, hat 1860 11,1 Millionen Euro Verlust in einem Jahr gemacht.
Und jetzt?
Letztes Jahr waren es 5,1 Millionen Euro. Die aktuellen Zahlen wird Robert Schäfer bei der Delegiertenversammlung kommende Woche verkünden. Lassen Sie sich überraschen! Ich bin sicher, dass wir innerhalb der nächsten zwei Jahre aus eigener Kraft eine schwarze Null schreiben können. Und das ganz ohne Zauberei: Man darf einfach nicht mehr ausgeben als man einnimmt. Ich halte nichts davon, sich sportliche Erfolge mit der Brechstange zu erkaufen. Wir dürfen nicht auf Pump oder über unsere Verhältnisse leben. Für diese Strategie stehe ich – und ich vertraue darauf, dass alle Verantwortlichen bei 1860 das auch so sehen. Wenn der Klub diesen Weg der nachhaltigen und schrittweisen Konsolidierung weitergeht, dann ist es schwerer, keinen Erfolg zu haben mit 1860 als erfolgreich zu sein.
Die Zahlen lesen sich aber nur so gut, wenn man das geleistete Darlehen über fünf Millionen Euro für dieses Jahr herausnimmt.
Natürlich. Man kann ja nicht Äpfel mit Birnen vergleichen. Wie Sie wissen, handelt es sich um nachrangige Darlehen, die erst im Erfolgsfall zurückgezahlt werden müssen.
Nach meinen Informationen gibt es keine unterschriebenen Verträge über die Darlehenszahlungen für den ambitionierten Dreijahresplan, an dessen Ende 2015 der Aufstieg stehen soll.
Dazu kann ich nur sagen, dass Hasan bisher immer alle seine Verpflichtungen erfüllt und stets pünktlich überwiesen hat.
Sieht Ismaik es auch so, dass man den Klub langsam konsolidieren muss? Die Gerüchte um die Verpflichtung von Sven-Göran Eriksson lassen etwas anderes vermuten.
Unser Trainer heißt Alexander Schmidt. Und natürlich ist seine Installierung auch mit Hasan abgesprochen worden. Aber grundsätzlich muss man sagen, dass Hasan Gesellschafter des TSV 1860 ist und 60 Prozent der Anteile besitzt. Und natürlich muss man klar sagen: Wer zahlt, schafft an. Wenn er der Meinung ist, dass Eriksson uns weiterbringen kann, dann ist das eine legitime Überlegung. Wie man so eine große Lösung dann finanzieren würde, ist eine andere Frage.
Klar ist, 1860 kann sich so einen Welt-Trainer, der sicher auch Stars einkaufen wollen würde, nicht leisten. Die jährlichen Kosten dafür dürften in die Millionen gehen.
Natürlich nicht. Wenn Hasan das stemmen möchte, muss er einen Weg finden – natürlich gemeinsam mit dem Verein.
Mit weiteren Darlehen, die 1860 wieder in die Überschuldung treiben könnten?
Bei allen Verhandlungen der letzten ein ein halb Jahre ging es bisher immer nur um Darlehen mit Rangrücktritt. Das heißt, dass diese erst im Erfolgsfall zurückgezahlt werden müssten. Aber klar: Schulden sind Schulden. Und je mehr Schulden man hat, desto weniger kann man mögliche Gewinne reinvestieren.
Auch Ismaik hat einen neuen Job, er ist seit kurzem Managing Director beim Milliarden-Unternehmen Arabtec und steht somit automatisch auch in Abu Dhabi mehr im Rampenlicht. Kann es sein, dass er mit einem Mann wie Eriksson Eindruck schinden möchte – etwa bei der Königsfamilie?
So, wie ich ihn kennengelernt habe, lässt er sich nicht von Außenstehenden beeinflussen. Seine neue berufliche Aufgabe wird keinen Einfluss auf seine Strategie bei 1860 haben, denke ich.
Derzeit absolvieren zwei Verwandte Ismaiks eine Hospitanz auf der 1860-Geschäftsstelle. Ist es möglich, dass die beiden Ihre Rolle übernehmen?
Das kann Ihnen nur Hasan beantworten. Es handelt sich dabei um einen Bruder und einen Cousin von ihm, die bisher in Jordanien gelebt haben. Er hat sie nach München geschickt und mich gebeten, mich ein wenig um sie zu kümmern und ihnen beim Start in Deutschland zu helfen. Dieser Bitte habe ich gerne entsprochen. Das wichtigste ist aber, dass sie nun schnell Deutsch lernen und in München heimisch werden. Sein Bruder hat einen Bachelor als Steuergehilfe gemacht, der Cousin ist ein studierter Pharmazeut. Das sind zwei junge, absolut fußballbegeisterte und vernünftige Menschen. Ich kann mir prinzipiell vorstellen, dass Hasan sie gerne in irgendeiner Funktion bei 1860 sähe. Mein Rat an ihm wäre dann aber, sich zunächst noch zusätzlich jemanden mit etwas größerer kaufmännischer Erfahrung zu suchen für meine Nachfolge.