Guillermo Vallori: "Euro! Euro! Euro!"

Löwe Vallori hatte seine Karriere schon fast beendet – und fängt nun bei 1860 neu an. Warum das vor allem seine Eltern freut, erklärt er hier.
Marco Plein |
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Hoch, das Bein: Guillermo Vallori beim Löwen-Training an der Grünwalder Straße.
Lackovic Hoch, das Bein: Guillermo Vallori beim Löwen-Training an der Grünwalder Straße.

AZ: Herr Vallori, man mag es kaum glauben: Jetzt sind Sie schon über einen Monat bei den Löwen. Doch noch immer fehlt Ihnen was, um ein Sechzger zu sein. Sie haben erst 59 Minuten gespielt.

GUILLERMO VALLORI: Oh, wenn man’s so sieht, ist das wirklich total ärgerlich. Aber ich fühle mich schon wie ein echter Sechzger, und außerdem haben Sie die Nachspielzeit vergessen. Die wird nicht eingerechnet, aber ich rechne sie dazu.

Ihr Trainer Reiner Maurer lobt Sie bei jeder Gelegenheit, doch noch zählen Sie nicht zur Stammelf.

Das ist aber kein Problem. Ich bin doch erst angekommen. Es ist ein Monat vergangen, aber erst jetzt bin ich so richtig da. Es war die ganze Zeit Hektik, Hektik, Hektik. Ich musste noch meine Wohnung in Zürich leerräumen, dann der Umzug. Meine Eltern haben mir dabei geholfen. Aber jetzt habe ich meine Wohnung, kenne mich aus, brauche kein Navi mehr. Jetzt kann’s so richtig losgehen. 1860 hat mich ja nicht geholt, damit ich im ersten Monat alles zeige, aber die Mannschaft gewinnt ja auch so (lacht).

Auch wenn München teuer ist, sind Sie doch bestimmt froh, hier zu sein. Neulich wurde bekannt, dass Zürich die teuerste Stadt der Welt ist.

Oh ja, das war ein Problem. Jedes Mal, wenn ich einen großen Lebensmitteleinkauf gemacht habe, bin ich über die Grenze nach Waldshut-Tiengen gefahren. Das wäre sonst viel zu teuer gewesen in Zürich. Ich kann mich noch gut erinnern, als ich da das erste Mal beim Metzger war. Ich habe gejubelt, weil die Preise die gleichen wie auf meiner Heimatinsel Mallorca sind – dann habe ich gemerkt, ach nein, was ich daheim für ein Kilo bezahle, muss ich in Zürich für 100 Gramm bezahlen. Als ich das meiner Mama am Telefon erzählt habe, hat sie sich Sorgen gemacht, dass ich mir nichts mehr zu essen kaufe.

Verständlich, Sie sind groß, Sie sind stark, Sie müssen viel essen.

Deswegen kamen meine Eltern ja auch mindestens 15 Mal nach Zürich in meinen viereinhalb Jahren dort. Sie sind in Rente, sie haben Zeit. Und um ehrlich zu sein, sind meine Eltern Toni und Ines auch der wahre Grund, weshalb ich hier bin. Sie haben gesagt: „Junge, du musst weg aus Zürich!” Sie haben gemerkt, dass es eine Katastrophe war. Trainer Ciriaco Sforza hat einfach nicht mehr mit mir geredet. Und jetzt sind die beiden richtig froh, dass ich in München bin. Wissen Sie, was sie jetzt gesagt haben?

Nein, keine Ahnung!

Euro! Euro! Euro! Junge, wenn wir dich besuchen, müssen wir jetzt nicht mehr vorher zur Bank fahren und diese blöden Franken holen. Immer wenn sie bei mir in Zürich waren, haben sie ständig auf ihrem Währungsrechner auf dem Telefon herumgetippt. Am Ende hat sie das ganz schön genervt (lacht). Aber es gab auch schöne Momente dort.

Zum Beispiel?

WM 2010. Eröffnungsspiel, Schweiz gegen Spanien. Ich sitze im Spanien-Trikot in einem Café, ein paar Leute erkennen mich. Spanien verliert, ein Desaster. Ich werde ausgelacht von allen Seiten. Aber dann hat sich ein deutsches Sprichwort bewahrheitet: „Wer zuletzt lacht, lacht am besten.” Denn Spanien wurde Weltmeister. Beim Finale saß ich wieder da in meinem Trikot und alle haben sich mit mir Freude.

Ihre Eltern besuchen Sie so oft, und das, obwohl sie in Palma de Mallorca leben – für viele Deutsche ein traumhafter Urlaubsort.

Kein gutes Thema, denn wenn ich nur daran denke, wie sehr ich das Meer vermisse, den Geruch, das Gefühl, die Farben. Das fehlt mir schon sehr. Die Leute wissen gar nicht, wie schön Mallorca ist. Viele Deutsche kennen nur El Arenal. Wenn ich da am Strand langlaufe und nur deutsche Restaurants sehe, ist das schon komisch. Ich denke mir, wo bin ich denn hier? Berlin? München?

Eins noch: Sie wurden erst sehr spät Vollprofi, haben es aber geschafft. Wie kam es dazu?

Stimmt. Ich hatte eine super Jugendzeit bei Real Mallorca. Manchmal mit den Profis trainiert. Da war zum Beispiel Samuel Eto’o dabei, Trainer war Luis Aragones. Das war schon aufregend für mich. Aber die wollten mich nicht mehr, dann bin ich nach Ibiza gegangen, wo ich als Halbprofi in der dritten Liga nebenbei studieren konnte. Als ich keine Perspektive mehr gesehen habe, war meine Karriere im Kopf schon beendet – ich dachte mir: Gut, dann mache ich jetzt halt als Lehrer weiter. Aber aus heiterem Himmel kam das Probetraining in Zürich, das war wie ein Urlaub, wie ein Bonus für mich. Es hat geklappt. Jetzt bin ich Profi. Und heute ein Löwe (lacht).

Nach Ihrem Studium sind Sie Grundschullehrer gewesen. Das ist ja eher ungewöhnlich für einen Fußballprofi.

Stimmt, ich kann Kinder von sechs bis zwölf Jahren unterrichten. Spanisch, Mathe, Biologie. Klassen bis 25 Kinder. Ich habe aber erst drei Monate praktisch gearbeitet. Das war unglaublich anstrengend. Fußballspielen ist nichts dagegen (lacht).
 

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