Gnadenfrist für Kurz

Der TSV 1860 verliert auch das dritte Saisonspiel, 1:2 bei Rot-Weiß Ahlen. Trotzdem darf der Trainer weitermachen. Die Fans verhöhnen unterdessen Manager Stefan Reuter.
von  Abendzeitung
Warnt vor zu hohen Ansprüchen: Löwen-Trainer Marco Kurz.
Warnt vor zu hohen Ansprüchen: Löwen-Trainer Marco Kurz. © dpa

Der TSV 1860 verliert auch das dritte Saisonspiel, 1:2 bei Rot-Weiß Ahlen. Trotzdem darf der Trainer weitermachen. Die Fans verhöhnen unterdessen Manager Stefan Reuter.

AHLEN Er lag am Boden. Den Blick starr in den Himmel gerichtet, die Augen rangen um Fassung. Markus Thorandt wusste, dass er es verbockt hatte. Sein Fehler in der Nachspielzeit hatte den TSV 1860 um den ersten Punkt in dieser Zweitliga-Saison gebracht. Stattdessen haben die Löwen am Sonntag auch in Ahlen, beim Aufsteiger, verloren. Das 1:2 bedeutete gleichzeitig den schlechtesten Saisonstart für den TSV 1860 seit 1961. Damals waren sie nach drei Spieltagen Letzter der Oberliga, jetzt sind sie abgeschlagen Letzter in Liga zwei.

Die Löwen schon in Trümmern. Weil sie es nicht schafften, sich gegen den schwach spielenden Aufsteiger durchzusetzen. Weil in Torben Hoffmann und Markus Thorandt zwei Abwehrspieler patzten und damit zwei Gegentore verschuldeten. Weil Mathieu Beda, wieder ein Abwehrspieler, wegen einer Notbremse vom Feld flog. Weil sich die Stürmer keine Chancen erarbeiteten, und das Tor zum zwischenzeitlichen 1:1 nur wegen einer feinen Einzelaktion von Daniel Bierofka zustande gekommen war. Und weil sie es dann noch nicht einmal schafften, dieses 1:1 fünf Minuten lang zu verteidigen. Was bringt es da noch, wenn Ahlens Trainer Christian Wück nach dem Spiel sagen kann, dass „ein Unentschieden gerecht gewesen wäre.“

Trainer Marco Kurz blickte nach dem Abpfiff ähnlich fassungslos wie Thorandt. Weil er merkt, dass sich die Schlinge um seinen Hals immer enger zusammenzieht? Weil er ahnt, dass es das für ihn gewesen sein könnte bei den Löwen?

Irgendwann trieb Kurz seine Mannschaft zum Mittelkreis, ließ seine Versager einen Kreis bilden. Er hielt eine kurze Ansprache. Nett wird die nicht gewesen sein. Und so standen sie dann da. Mit hängenden Köpfen, leeren Blicken, als ob sie gerade einen Freund begraben hätten. Daniel Bierofka, der Torschütze, schien sogar Tränen in den Augen zu haben. „Wir haben Spieler, die den Anspruch haben, Zweite Liga zu spielen. Dann müssen sie das auch zeigen“, sagte Kurz später.

Auch Stefan Reuter, der Geschäftsführer, stand mit im Kreis. Zuvor war er bei jedem Spieler vorbeigegangen und hatte ihnen die Hand gegeben. Skurril sah das aus, wie Reuter, dieser ewige Optimist, versuchte, die leidenden Löwen aufzumuntern. Die Spieler ließen es über sich ergehen. Doch als Reuter sich dann auch noch von den Fans in der Kurve verabschieden wollte, platzte einigen der Kragen. Gnadenlos pfiffen sie ihn, der als Spieler für ein paar Jahre an der Säbener Straße gekickt hatte, aus. Einige riefen „Wir wollen keine Bayern-Schweine!“ Die Fans scheinen nicht dem Trainer oder der Mannschaft, sondern dem Manager die Schuld am sportlichen Niedergang zu geben.

Reuter schien beeindruckt. Als er sich nach ein paar Minuten wieder gefangen hatte, stellte er sich dann den bohrenden Fragen der Journalisten. „Die Mannschaft ist geschlossen zum Trainer gegangen, das zeigt unsere Geschlossenheit“, sagte er, „wir wollen die Situation gemeinsam meistern.“ Und dann stellte er noch fest: „Marco Kurz bleibt unser Trainer.“ Und Reuter Manager?

O. Griss, F. Cataldo

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