Giesing international: 1860-Profi Belkahia auf den Spuren von Lauth und Suker

München - Im Sommer, als die Löwen nach einer furiosen, aber ungekrönten Drittliga-Saison die Beine hochlegen durften, flatterte bei einem Jung-Löwen eine Einladung herein.
Semi Belkahia, 22-jähriger Verteidiger des TSV 1860, sollte für ein Länderspiel der Nationalelf Tunesiens nominiert werden. "Semis erste Nominierung für ein A-Länderspiel war in der Übergangsperiode", sagte Sport-Geschäftsführer Günther Gorenzel über das verlockende Angebot an den Abwehrspieler.
Ein Angebot, das Spieler und Verein ablehnten. "Wir haben uns in Absprache mit Semi entschieden, dass er den Termin nicht wahrnimmt, weil er nach seiner Verletzung voll im Rhythmus war und im Sommer ein spezielles Aufbauprogramm absolviert hat", schob Gorenzel hinterher: "Wir haben aber besprochen, dass er künftige Termine wahrnehmen kann, wenn er wieder eingeladen wird." Darauf habe man sich mit dem tunesischen Verband verständigt. Ist der derzeit verletzte Deutsch-Tunesier (siehe unten) wieder fit, steht einer Nominierung nicht mehr viel mehr im Wege.
1860 möchte Länderspiel-Abstellungen möglich machen
Bei Trainer Michael Köllner schlagen dabei zwei Herzen in der Brust. "Ich sehe das als Trainer immer mit einem weinenden Auge, aber auch mit einem großen lachenden Auge", sagte der Oberlöwe über die Abstellungen von Spielern: "Ich hatte das in Nürnberg auch, dass wir Junioren-Nationalspieler gestellt haben." Das weinende Auge: Spieler, zumeist ja Leistungsträger in ihren Klubs, stehen in wichtigen Punktspielen nicht zur Verfügung.
Dagegen stehen für Köllner die persönliche Aufwertung des Spielers und des ganzen Vereins: "Es ist eine Ehre, für sein Land zu spielen. Wir wollen schon versuchen, solche Termine möglich zu machen. Das ist doch ein super Bild nach außen, wenn du 1860 München international repräsentieren kannst."
Nathan Wicht ist Schweizer U-Nationalspieler
Der TSV, der aktuell mit Jungprofi Nathan Wicht einen Schweizer U-Nationalspieler stellt, hat in Belkahia also wohl schon bald wieder einen waschechten A-Nationalspieler. Giesing international!
Ein Löwe im Länderspiel-Trikot, das ist tatsächlich schon eine Weile her. Das letzte Exemplar dieser Spezies hieß Christian Gytkjaer (31), aktuell beim AC Monza unter Vertrag. Der Torjäger wechselte im Winter 2017 an die Grünwalder Straße, bekanntlich konnte er den Absturz von Vitor Pereiras international zusammengewürfelter Truppe aus der Zweiten Liga mit seinen (wenigen) Toren nicht aufhalten: Trotz aller Qualität traf der neunmalige dänische Nationalspieler in 15 Spielen nur zwei Mal.
Benny Lauth lief fünf Mal für Deutschland auf
Bedeutendere Spieler in Giesing wie im Nationaltrikot sind etwa diese beiden Angreifer: 1860-Ikone Benny "Bomber" Lauth reifte bei 1860 zum deutschen Nationalspieler, unter Ex-Löwe Rudi Völler feierte er im Jahre 2003 sein DFB-Debüt. Fünf Mal durfte sich Lauth das National-Trikot überstreifen, zur ganz großen Karriere sollte es aber nicht reichen. Dafür bei Davor Suker, kurze Zeit Teamkollege von Lauth: Der 69-fache kroatische Nationalspieler (45 Tore) kam im Winter 2002 als WM-Torschützenkönig zu 1860 und brachte es mit dem Löwen auf der Brust nochmal zu fünf Treffern und fünf Assist in 25 Spielen, bevor er bei der WM 2002 noch einen einzigen Einsatz verzeichnen konnte - und seine Karriere 2003 beendete.

Und da wäre ja auch noch Sascha Mölders, seines Zeichens der Fußballgott unter den Blauen. Der 36-Jährige muss an dieser Stelle ebenfalls erwähnt werden, denn: Der Ex-Bundesligaspieler hat es zwar nicht zu Jogi Löw geschafft, doch ginge es nach Köllner, hätte er es verdient gehabt, Deutschland bei den Olympischen Spielen zu vertreten: "Sascha ist bei der Wahl zum Fußballer des Jahres auf Platz neun gelandet. Da hätte er mitfahren müssen."

Stefan Kuntz' schmaler Kader sei zwar ein Armutszeugnis für Deutschland gewesen. Bei Gedanken an einen Verzicht auf Mölders in den ersten Saisonspielen hätte sich aber Köllner "im Dreieck gedreht". Nachdem Mölders schon auf eine erfüllte Karriere zurückblicken kann, doch lieber Belkahia. Der kann - oder vielmehr darf - seine Beine künftig etwas seltener hochlegen.