Gestatten, Bierofka!

MÜNCHEN - Sein letztes Spiel für die Löwen hat Daniel Bierofka am 22. Februar 2009 bestritten. Danach folgten zwei Operationen und eine ewig lange Reha-Zeit. Am Dienstag tauchte der Ex-Kapitän wieder am Trainingsgelände auf - in Fußballschuhen.
Sie wollte ihn überraschen. Und so stellte sich Nicole Bierofka nicht etwa zu den Kiebitzen an den Zaun, um ihren Mann beim Training der Löwen zuzuschauen, sondern versteckte sich, mit Sohn David an der Hand – so gut es eben ging – hinter dem Gebüsch.
Von dort konnte sie beobachten, dass sich die Karriere ihres Gatten vielleicht doch wieder zum Positiven wendet. Zum ersten Mal seit zehn Monaten nahm Daniel Bierofka (30) gestern wieder am Mannschaftstraining der Löwen teil. „Bei seinem ersten Mal wollte ich schon dabei sein“, verriet Nicole, „ich bin glücklich, dass Daniel nach so langer Zeit wieder Fußball spielen kann.“
Und die Löwen empfingen ihren Ex-Kapitän wie einen Neuzugang. Ewald Lienen, der Trainer, stellte seinen Profis Bierofka, den Ur-Löwen, jedenfalls vor. „Ich habe ihn als Neuzugang vorgestellt“, sagte Lienen, „viele kennen ihn ja gar nicht.“
Gestatten, Bierofka!
Er war ja auch lange weg gewesen. Am 22. Februar, beim 1:4 in Duisburg, hatte Bierofka sein letztes Spiel gemacht. Nach dem Spiel wurde Trainer Marco Kurz bei 1860 entlassen und Bierofka operiert. 17 Operationen musste Bierofka in seiner Karriere insgesamt schon über sich ergehen lassen, vor einigen Wochen zuletzt an der Leiste.
Nun ist er wieder da. Auch wenn noch Wochen vergehen werden, bis er der Mannschaft wieder helfen können wird. „Ich denke, wir wissen alle, dass Daniel es langsam angehen muss. Es bringt jetzt nichts, von Null auf 100 zu gehen. Es ist wichtig, dass Daniel jetzt nicht übers Ziel hinausschießt“, meinte Lienen.
Deswegen bekommt Bierofka viele Freiheiten: „Er muss nicht jeden Tag zweimal trainieren. Es reicht einmal – vorzugsweise am Ball. Daniel bekommt von uns alle Zeit der Welt.“
Einen genauen Comeback-Termin Bierofkas im Löwen-Trikot will Lienen deshalb auch noch nicht nennen. Der Rückrunden-Start in Koblenz (17. Januar) sei aber definitiv noch zu früh.
Bierofka selbst ist erleichtert, dass er überhaupt wieder auf dem Platz steht, auch wenn er weiß, dass sein Körper sich womöglich nie mehr richtig erholen wird. „Ganz schmerzfrei werde ich wohl nie mehr sein“, sagte er nach dem Training. „Die erste Schlacht ist jetzt gewonnen, aber noch nicht der Krieg.“
Dieser Satz gewinnt umso mehr an Bedeutung, wenn man weiß, dass Bierofka kurz vor der Aufgabe stand. Eigentlich sollte der Sohn des früheren Löwen-Profis und -Trainers Willi Bierofka schon am 1. Dezember wieder auf dem Trainingsplatz stehen. Doch dann entzündete sich die verletzte Stelle. „An diesem Rückschlag wäre ich fast zerbrochen“, verriet Bierofka gestern. „Das war keine normale Reha für mich, sondern ein Up und Down an Gefühlen. Das war alles sehr belastend. Ich hoffe, dass sich die Schmerzen und Mühen gelohnt haben. 2009 war ein Katastrophenjahr für mich – es kann nur besser werden.“
Oliver Griss