Geschäftsführer Werner ist endlich im Amt: Beim TSV 1860 folgt aber der Eklat

München - Wenn es mal wieder länger dauert bei den Löwen - und urplötzlich Schlag auf Schlag geht: Drei Mal hatte der e.V. Dr. Christian Werner als Sportchef abgelehnt, nur um ihn nun nach über sechs (!) Monaten nach dem Aus von Günther Gorenzel zum neuen Geschäftsführer Sport zu krönen – per 50+1-Regel. Eine Chronologie dieser zähen Entscheidung, die wieder im Sechzig-typischen Chaos endete.
TSV 1860: Der Hoffnung auf Einigkeit folgt rasch die Desillusion
Freitag, 5. Januar, 21.31 Uhr: 1860 hat wieder einen Sport-Boss. "Christian Werner konnte die Vereinsvertreter im persönlichen Kontakt mit intensiven und detaillierten Analysen zur sportlichen Situation und mit sportwissenschaftlichen und organisationsspezifische Kenntnissen von seiner Qualifikation für die geforderten Aufgaben überzeugen", wird der im Urlaub befindliche Präsident Robert Reisinger in der ersten von zwei Pressemitteilungen zur längst überfälligen Personalie zitiert. Dabei hatte Reisinger an dem bekanntlich von Finanz-Boss Marc-Nicolai Pfeifer bereits vor Monaten als Sportchef vorgeschlagenen Mann so seine Zweifel: "Hr. Dr. Werner erfüllt in unseren Augen nicht das Anforderungsprofil und Kriterien, die wir von einem Geschäftsführer erwarten", schrieb der Oberlöwe in einer Mail an Pfeifer, die der kicker offengelegt hatte. Jetzt ist Werner plötzlich doch der Boss?
Überraschend an der Inthronisierung Werners, der die Sechzger "schon länger mit großem Interesse" verfolge und sich sehr freue, "jetzt für diesen Traditionsverein in verantwortlicher Position tätig zu sein", ist allerdings ein anderer Absatz: Ein Absatz, der angesichts der zerstrittenen Vereinsbosse um Reisinger und Investor Hasan Ismaik völlig unerwartet Einigkeit demonstriert. "Beide Gesellschafter des Klubs, sowohl der Verein wie auch die Vertreter von HAM International aus Dubai, sprechen der neuen sportlichen Leitung ihr persönliches Vertrauen aus", stand dort geschrieben. Klang für Löwen-Verhältnisse ungewohnt konstruktiv. Zu konstruktiv...
"Hauch von Gemeinsamkeit" verpufft – Ismaik kontert scharf
Freitagabend, 5. Januar, 22:16 Uhr: Prompt folgte eine zweite Version, in der dieser Absatz fehlte. Nach AZ-Informationen hatte Sechzigs Präsidium den Inhalt nicht mit Ismaiks Statthaltern abgesprochen. "Die Möglichkeit, einen Hauch von Gemeinsamkeit zumindest nach außen zu zeigen, wollte ich offenhalten", sagte Vize Heinz Schmidt der SZ nicht ohne Seitenhieb in Richtung Ismaik: "Ich weiß jetzt wieder mal, dass das nicht gewollt ist, werde aber an meiner blauäugigen Illusion festhalten." Ob die Sechzger Ismaik durch die Nicht-Absprache bewusst provozieren wollten? Oder in den Irrungen und Wirrungen um eine gegenseitige Blockade eine goldene Brücke bauen wollten? Zweiteres ging nach hinten los.
Sonntag, 7. Januar, 08.48 Uhr: Der Konter ließ nicht lange auf sich warten. In einer Stellungnahme kritisiert Ismaiks Unternehmen HAM, dass der "noch laufende Abstimmungsprozess" im Beirat der Löwen nun "ausgehebelt" worden sei: "Eine nachvollziehbare Begründung gibt es hierfür ebenso wenig wie für die nicht mit uns abgestimmte Presseerklärung durch den e.V.. Dies alles ist sehr bedauerlich, macht aber deutlich, dass der e.V. nun allein die Verantwortung für Erfolg oder Misserfolg dieser Personalentscheidung tragen muss." Eine denkbar schwere Hypothek für Werner, der abstiegsbedrohte Löwen unter dem Druck beider Lager wieder flott kriegen soll.
Investorenseite wollte, dass Werner den Gorenzel-Weg geht
Ismaiks Kritik ist zwar nachvollziehbar, der Jordanier hatte zuletzt aber zwei Beiratssitzungen platzen lassen, um die Ziehung der 50+1-Regel zu verlangsamen. Beide Gesellschafter wollten die Gegenseite unter Druck setzen, um ihr eigenes Ansinnen durchzudrücken. Dabei weist Ismaik von sich, den Klub blockiert zu haben: Die HAM-Seite habe "konstruktive Vorschläge" gemacht.
Die da wären? Beirat Andrew Livingston hatte in einer Mail, die der AZ vorliegt, den Vorschlag eingebracht, Werner als Sportlichen Leiter einzusetzen - vorerst: "Es dürfte unstreitig sein, dass Herr Dr. Werner als Sportdirektor ausreichend qualifiziert ist und 1860 sofort helfen könnte", heißt es darin: Aufgrund des "herausfordernden Umfelds" bei 1860 solle sich Werner aber erst "bewähren." Wie bei Vorgänger Gorenzel, der nach einem Jahr aufgestiegen ist.
Werners erste Aufgaben bei 1860: Neuer Trainer, neue Spieler
Ob der beim e.V. aus fragwürdigen Gründen in Ungnade gefallene Pfeifer nun vorzeitig geht? Jedenfalls wäre mit Werner der Weg frei für einen neuen Trainer: Marco Antwerpen (zuletzt Kaiserslautern) und Außenseiter Holger Bachthaler (FV Illertissen) gelten als Kandidaten, nach AZ-Infos hat 1860 aber auch das Haching-Modell mit Frank Schmöller durchgerechnet - es käme billiger. Eine Doppellösung mit NLZ-Boss Manfred Paula, der die nötige Lizenz hätte, lehnt der e.V. ab.
Bleibt die Winter-Neulöwen-Frage zu klären: Geld wäre da, aber die Kragenweite des Noch-Lauterer Stürmers Terrence Boyd, der wohl zu Waldhof Mannheim wechselt (und nach AZ-Infos nicht umziehen wollte), wird es nicht sein: ein günstiger Angreifer und torgefährlicher Mittelfeldspieler sollen kommen. Doktor Werner, bitte übernehmen Sie!