Gerland sorgt sich um Göktan
MÜNCHEN - Bayerns Amateurcoach, einst Förderer des Löwen-Stars, über die Tüken des Profi-Geschäfts. "Er war das außergewöhnlichste Talent, das ich trainiert habe."
Er gilt als sein Entdecker, als ein Förderer – und ist bis heute Fan von Berkant Göktan: Hermann Gerland, der Amateurtrainer des FC Bayern. Auch der 54-Jährige verfolgt, was mit dem Mittelfeldspieler vom Lokalrivalen TSV 1860 los ist. Dass Göktan krank ist und an einem geheimen Ort im Münchner Umland abgeschottet und behandelt wird. Die offizielle Begründung des Zweitligisten: ein Erschöpfungs- und Müdigkeitssyndrom.
Gerland sorgt sich um den Löwen-Star. „Ich verfolge Göktans Karriere ganz genau. Es ist traurig, dass er nur in der Zweiten Liga bei 1860 spielt“, sagte Gerland der AZ, „ich hätte gedacht, dass es Berkant irgendwann mal in die Weltauswahl schafft. Er war das außergewöhnlichste Talent, das ich jemals trainiert habe.“
Cheftrainer Gerland war es, der Göktan 1999 zu Arminia Bielefeld geholt hatte. In die Bundesliga. Doch nach 14 Spielen und nur einem Tor war das Kapitel für Göktan schnell wieder beendet. Der Türke wechselte zu den Bayern-Amateuren. „Er hat damals einfach zu viele Dummheiten gemacht“, erinnert sich Gerland, nimmt den heute 27-Jährigen aber dennoch in Schutz: „Aber da war er ja noch jung.“ Im Sommer 2006 nahm Göktan Kontakt zu Gerland auf. Der damals vertragslose Profi schickte dem Amateurtrainer der Bayern eine SMS, ob er bei der Regionalliga-Mannschaft mittrainieren dürfe. „Ich hatte ihm sofort zugesagt“, sagt Gerland heute, „aber dann kam nichts mehr von Göktan. Da war ich schon enttäuscht. Aber bei 1860 hatte er es einfach leichter, wieder Profi zu werden als bei Bayern.“ Gefreut hat sich Gerland dennoch, dass der talentierte Kicker bei den Blauen innerhalb kürzester Zeit zum Publikumsliebling aufstieg und sogar die Nummer zehn erhielt. „Da habe ich gedacht“, sagt Gerland, „dass es Göktan endlich gepackt hat. Er ist ja reifer geworden.“ Gut auch, dass Göktan „einen guten Trainer“ habe.
Tatsächlich war es 1860-Chefcoach Marco Kurz, der den Türken wieder nach oben geführt hatte. Und dies, obwohl es oft hieß, dass Göktan zu Disziplinlosigkeiten neige. Dies allerdings mag Gerland nicht bestätigen. „Ich denke, dass Göktan normal zu behandeln ist“, sagte er zur AZ, „man muss ihm nur sagen, wo es lang geht. In Vieraugengesprächen war er bei mir immer sehr einsichtig. Berkant ist ein Fußballer, der Zuckerbrot und Peitsche braucht. Ab und zu einen zwischen die Hörner schadet ihm sicherlich nicht.“
Oliver Griss