„Fußballer sind nicht so blöd wie Radfahrer“

Er war bei 1860. Er war Lienens Zimmerkollege. Und er hat gekokst. Hier spricht Jimmy Hartwig
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Er war bei 1860. Er war Lienens Zimmerkollege. Und er hat gekokst. Hier spricht Jimmy Hartwig

AZ: Herr Hartwig, reden wir über Berkant Göktan. Sie selbst spielten früher bei 1860, auch Sie nahmen Kokain. Hat er eine zweite Chance bei 1860 verdient?

JIMMY HARTWIG: Natürlich. Man kann doch nicht jeden bestrafen, der einen Fehler macht. Ich kenne ja auch den Ewald Lienen sehr gut, in der Trainerausbildung war er mein Zimmerkollege. Wenn selbst er als harter Hund sagt, dass der Berkant zurückkommen soll, dann hat er diese Chance wirklich verdient. Nur muss er sie auch nutzen.

Sehen Sie Gefahren?

Er muss die richtigen Freunde finden. Er muss raus aus dem dubiosen Dunstkreis, der ihn mit dem Dreck versorgt. Er muss wissen, wo er hingehört.

Sie wissen ja, wie es ist, die falschen Freunde zu haben.

Ja, ich hatte lange Zeit ein falsches Umfeld. Später, als ich gesagt habe, dass ich gekokst habe, da haben sie mich verurteilt. „Igittigitt, der Hartwig.“ Dabei ist es wichtig, das offen anzusprechen, damit man da als junger Profi nicht reingerät. Koks ist so eine Schicki-Micki-Droge, wo du meinst, du bist total „in“, wenn man das nimmt. Nur, das ist totaler Blödsinn.

Und in die Schicki-Micki-Kreise kommen Fußballprofis ja eher hinein als Otto Normalkonsument.

Das ist so. Da sind gleich die Kakerlaken um dich rum, die Ratten. Die Schulterklopfer, die da sind, wenn du ganz oben bist. Und wenn es dir schlecht geht, lassen sie dich fallen. Trittbrettfahrer, die sich in deinem Dunstkreis sonnen wollen, das ist der Wahnsinn. Durch solche Leute kommst du mit dem Zeug in Verbindung. Wenn man älter wird, erkennt man das, als junger Kerl bist du da gefährdet. Ich kann nur hoffen, dass jetzt auch der Berkant weiß, wo der Bartl den Most holt.

Es geht um seine Existenz.

Na klar, zehn Jahre brauchst du schon, um so viel Substanz auf die Seite zu schaffen, dass es sich wirklich lohnt. Sonst stehst du auf einmal da, hast keine Knete mehr. Und dann zeigen die Leute auf dich, dieses ganze Gschwerl.

Die einen vorher feierten.

Sie brauchen doch nur einmal schauen, was sich tut, wenn ein Bayern-Spieler in die Disco geht. Wie manche da richtig die Hacken zusammenschlagen, das ist ja nicht mehr normal. Völlig übertrieben. Man sollte einfach vor jedem Menschen Respekt haben und ihn für seine Leistung anerkennen. Der Berkant kann gut Fußball spielen, Sie können gut schreiben, jeder kann was anderes gut.

Glauben Sie, dass Göktan seine Chance nutzen wird?

Ich hoffe, er hat aus seinen Fehlern gelernt. Klar ist, dass er sich nichts mehr erlauben kann. Er wird genau überwacht werden, der wird recht oft zu den Dopingkontrollen gebeten, da wird er ganz schön pinkeln müssen. Er steht unter massiver Beobachtung. Ehrlich gesagt, kann ich mir nicht vorstellen, dass er es wieder macht. Das wäre zu dämlich. Aber ich bin guter Dinge. Fußballer sind nicht so blöd wie Radfahrer.

Interview: Florian Kinast

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