Friedhelm, der Schunkel-Funkel
München - Um ihn herum johlen die Spieler, auch Co-Trainer Gigi Holzer hat seinen Spaß. Die basketballähnliche Übung, die die Profis des TSV 1860 gestern an der Grünwalder Straße absolvieren, ist eine willkommene Abwechslung. Nur der neue Trainer, Friedhelm Funkel, scheint für Albereien nichts übrig zu haben. Er steht an der Seitenlinie, mit verschränkten Armen und guckt grimmig drein.
Wer Funkel kennt, weiß, dass der 59-Jährige ein professioneller, fast obsessiver Arbeiter ist. In seinem Kopf rattert es pausenlos: Was kann man besser machen? Wo sind noch ein paar Prozente versteckt? Funkel blickt dann sehr oft ernst drein, konzentriert.
Eine Spaßbremse ist der neue 1860-Trainer der Band „De Räuber” und hat Funkel schon oft in Action erlebt. Wenn „De Räuber” ihren Hit „Wenn et Trömmelche jeht” spielen, hält es Funkel jedenfalls selten auf dem Stuhl. „Er stand sogar schon mit uns auf der Bühne”, sagt Brand. Oder auf einem Karnevalswagen.
Als Astronaut verkleidet, ließ sich der Trainer 2009 mit dem Rosenmontagszug durch Köln fahren. „Karneval feiern ist für mich Lebensqualität”, sagt Funkel über sich. „Friedhelm hat ein großes Herz für Brauchtum”, ergänzt Brand, der den jecken Trainer schon seit Kindheitstagen in Neuss kennt. „Er ist nunmal Rheinländer, das haben wir so in den Genen.”
Schunkel-Funkel wurde der Trainer einst getauft.
„Mit dem Spitznamen kann ich gut leben”, sagte er damals in Köln. So sieht’s auch seine ständige Rosenmontagsbegleitung Micky Brühl. „Friedhelm ist ein sehr geselliger und fröhlicher Mensch. Er kann ordentlich feiern, aber macht einen sauberen Strich, wenn es um die Arbeit geht.” Brühl, ein rundlicher Typ mit blaugetönter Sonnenbrille, ist der ehemalige Frontmann der Kölner Band „Paveier”. Als der Sänger vor Kurzem seine neue Micky-Brühl-Band präsentierte, war Funkel dabei. „Wenn etwas ist, dann kommt Friedhelm.”
Auch bei den Sessionen der „Großen Braunsfelder” ist Funkel Stammgast. Manfred Zender, ein graumeliertes Karnevals-Urgestein und „Baas” des großen Rats der Karnevalsgesellschaft, sagt: „Er ist eine richtige rheinische Frohnatur.” Wenn der Coach Zeit hat, kommt er in Zenders Lokal „Em Hähnche” nach Köln. „Er liebt die rheinische Küche, Rinderrouladen oder rheinischen Sauerbraten”, erzählt Zender, den alle nur Schubi nennen. „Und Karnevals-Musik. Es gibt sogar ein Lied, in dem Funkel namentlich genannt wird.” 1860 hat sich da also einen echten Faschingsprinzen an Land gezogen.
Böse Eskapaden hat sich Funkel nach Karnevalsexzessen aber nie erlaubt. Im Gegenteil: Die Gesellschaft liebt ihren Schunkel-Funkel, der auf Kölsch schwört und sich sonst kaum andere Biersorten eingießt. Als ehemaliger FC-Trainer ist er oft bei der Sitzung des 1. FC Köln im Sartory-Saal dabei. Erlaubt es die Zeit, mietet sich Funkel in den jecken Tagen im Hotel „Pullman” ein. „Den Karneval in Köln zu feiern, das lasse ich mir nicht nehmen. Das ist Pflicht”, so sein Credo. Dafür nahm Funkel, der auch ein Haus auf der Partyinsel Mallorca besitzt, schon oft Kurztrips in Kauf: Nachmittags nach Köln, abends schunkeln, am nächsten Tag zurück.
Aber nur, wenn darunter die Arbeit nicht leidet. Als Funkel 2010 bei Hertha BSC im Abstiegskampf steckte, ließ er sich nicht blicken. „Ich kann das nicht genießen, wenn es sportlich nicht läuft. Dann wird man mich auf keiner Karnevalsveranstaltung sehen”, sagte er, der sich als eher „pingelig in Sachen Ordnung und Disziplin” beschreibt.
Doch insgeheim hofft der Neu-Trainer wohl jetzt schon, dass 1860 am 23. Spieltag nicht montags beim SV Sandhausen antreten muss. Das wäre dann nämlich am 3. März. Und da ist Rosenmontag.