Friede im Löwen-Stüberl: Kult-Wirtin Christl bleibt

Estermann überzeugt Geschäftsführer Schäfer – und darf das Vereinslokal an der Grünwalder Straße weiter betreiben. „Ich bleibe in meinem Wohnzimmer. Ich bin erleichtert und dankbar”
von  Marco Plein
Löwen-Geschäftsführer Robert Schäfer und Wirtin Christl Estermann
Löwen-Geschäftsführer Robert Schäfer und Wirtin Christl Estermann © AZ

MÜNCHEN Robert Schäfer zog seine Augenbrauen hinauf und sah recht verlegen aus. Wie bitte, hatte er das eben richtig verstanden? „Wie ein Hochzeitspaar”, rief ein Gast des 1860-Lokals Löwen-Stüberl, ja, wie ein frisch vermähltes Paar sähen er und Wirtin Christl Estermann aus, als sie vor deren Wirtschaft posierten. „Ich bin doch gar nicht ihr Typ”, sagte Schäfer zwar – doch am Montag war der Geschäftsführer der Sechzger sehr wohl ihr Typ, denn in einem 70-Minuten-Gespräch hatte er sich von der berühmten Wirtin zu deren Verbleib als Pächterin im Vereinslokal überzeugen lassen. Vergangene Woche noch hatte es geheißen, sie würde das Stüberl zum Ende des Jahres abgeben.

„Dieser Ort ist von Belang für alle Löwen. Jetzt gehen wir zusammen in die Zukunft und wollen dafür Sorge tragen, dass die Löwen-Seele hier gepflegt werden kann”, sagte Schäfer. Und Wirtin Christl erklärte: „Ich bleibe in meinem Wohnzimmer. Ich bin erleichtert und dankbar.” Freilich auch dafür, dass sich Präsident Dieter Schneider in das Thema eingeschaltet und vermittelt hatte. Denn vorigen Donnerstag erst hatte es ja ein missverständliches Gespräch zwischen Estermann und Schäfer gegeben, nachdem der Verein ihren Ausstieg zum Winter ankündigte. Am Tag darauf sprach Schneider mit der Wirtin und bot ihr ein klärendes Achtaugengespräch mit ihm, Schäfer und Vizepräsident Maget an. Dieser Termin folgte am Montag – und im Anschluss sagte Schneider: „Jetzt ist alles geklärt. Wir sind froh, dass uns Christl als Markenzeichen bleibt. Sie ist Kult, das Stüberl ist Kult, da müssen wir uns nichts vormachen.” Natürlich war das auch für Schneider ein kleiner Erfolg, auch wenn sich der um die Bewahrung von Emotionen und Traditionen bemühte Präsident dazu nicht äußern wollte. „Es haben vernünftige Menschen miteinander gesprochen, jetzt ist alles gut”, sagte Schneider.

Dennoch: Auch Schäfer, der zwar jegliche Pläne für eine komplette Neugestaltung des Stüberls verneinte, aber um eine Modernisierung des in die Jahre gekommenen Interieurs bemüht ist, durfte sich Freude und verkünden: „Wir wollen hier weiter ganz viele Fans haben, die hier ihre Halbe trinken und einen Schweinsbraten essen. Und dafür werden wir mehr tun, als wir es in der Vergangenheit konnten. Wir werden das Löwen-Stüberl gemeinsam entwickeln. Wir haben als Verein in den letzten Jahren nicht das reingesteckt, was man hier hätte machen sollen.” Heißt, man hat also einen Kompromiss geschlossen – die Wirtin bleibt, doch 1860 darf bei der Ausrichtung des Lokals mitreden. Schäfer bestätigte: „Es gibt keine Sieger und keine Besiegten. Sondern alle sind happy.” Auch die Wirtin meinte: „Wenn wir was ändern wollen, kann Herr Schäfer gerne zu mir kommen.”

Bleibt die Frage, wie die beiden so weit aneinander vorbei reden konnten? Schäfer: „Bei ihr hat über Nacht ein Prozess eingesetzt, in dem sie sich bewusst wurde, was ihre Entscheidung überhaupt bedeutet. Das ist nachvollziehbar.” Christl gestand: „Ich war mir selber nicht klar: soll ich aufhören oder nicht? Aber mein Herz hängt an 1860.” 

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