Franz rät Freunden: "Investiert bei Sechzig!"
Beckenbauers leidenschaftliches Plädoyer für 1860: „München ist prädestiniert für zwei Bundesliga-Vereine“
AZ: Herr Beckenbauer, lassen Sie uns über 1860 reden.
FRANZ BECKENBAUER: Ja, gerne. Haben Sie die Löwen denn schon gerettet?
Nun, derzeit sieht’s eher so aus, als wollen die sich nicht retten lassen.
Das Gefühl hab’ ich auch.
Manche Fans plädieren sogar für die Insolvenz.
Die wissen meiner Meinung nach gar nicht, was es bedeutet, ganz unten anzufangen. Und wie schwer es ist, sich durch die verschiedenen Ligen nach oben zu arbeiten. Da kann man den Verein gleich auflösen und als FC Obergiesing in der A-Klasse anfangen. Das wäre doch ein Irrsinn.
Vielen Sechzgern stößt es auf, dass ausgerechnet der FC Bayern sie am Leben hält.
Wer am Boden liegt, kann nicht auch noch wählerisch sein bei der Frage, wer einem wieder aufhilft. Wichtig ist, dass man die ausgestreckte Hand auch annimmt. Aber ich glaube, dass die Mehrheit der Löwenfans vernünftig ist. 1860 gehört in die Bundesliga. München ohne Sechzig wäre für mich nicht vorstellbar.
Sie müssen es ja wissen, Sie sind schließlich in Obergiesing aufgewachsen.
Ja, ganz in der Nähe des Sechziger-Stadions. Natürlich waren meine Spezl und ich, die wir alle in der Nähe des Ostfriedhofs aufgewachsen sind, dann auch Sechzger. Die Löwen waren unsere Helden, Kurt Mondschein, Wiggerl Zausinger und wie sie alle hießen damals. Ich wollte ja auch vom SC 06 zu 1860 wechseln, aber dann kam die Geschichte mit der Watschn, die kennen Sie ja.
Ein 1860-Jugendspieler hat Ihnen eine verpasst.
Das hat mich in die Arme des FC Bayern getrieben.
Wer weiß, wie es sonst gekommen wäre mit 1860.
Gar nicht auszudenken: Sechzig wäre Champions-League-Sieger, die Arena würde ihnen alleine gehören. Spaß beiseite, die Situation ist zu bitter.
Dann im Ernst: Sie haben doch die Arena-Verträge als Bayern-Präsident damals mitgemacht. Hat 1860 da schon seine Zukunft verkauft?
Ich kannte die Verträge, sicher, aber ich weiß die Einzelheiten nicht mehr genau. Das ist zu lange her. Aber meiner Meinung nach war das damals eine sehr faire Angelegenheit. 1860 hatte große Pläne. Ich weiß noch, wie Karl-Heinz Wildmoser zu mir sagte: „In fünf Jahren haben wir euch.“ Vielleicht war das alles ein bisschen zu großspurig.
Und jetzt sind die Löwen zahlungsunfähig.
Das ist tragisch. Die einzige Rettung kann der Aufstieg in die Bundesliga sein, darauf hätten sie hinarbeiten müssen. Aber dann kann man nicht seine besten Spieler herschenken, die größten Talente unter Wert verkaufen. Nehmen Sie nur die beiden Benders, der eine spielt heute in Dortmund, der andere in Leverkusen, da ist jeder zehn Millionen wert. Und was hat 1860 gemacht? Sie für ein paar Hunderttausend Euro verscherbelt. So viele Fehler, wie die Sechziger gemacht haben, kann man gar nicht machen.
Gibt es noch einen Ausweg?
Der einzige, der bleibt, ist ein richtiger Investor. Einer, der sie zurück in die Bundesliga bringt. Dann sind sie alle Sorgen los. Allein die Fernseh-Einnahmen, dazu jedes Spiel 40.000 bis 50.000 Zuschauer, die Logen, die Business-Seats.
1860 ist aus Ihrer Sicht ein lohnendes Investment?
Ja, gewiss. Ich habe es vielen meiner Freude gesagt: Investiert bei Sechzig – aber richtig! Dann ist es gut investiertes Geld. Es gibt ja viele reiche Menschen – aber man muss ihr Geld auch haben wollen.
Was meinen Sie damit?
Dass die Sechziger akzeptieren müssen, dass ein Investor auch mitreden will, was mit seinem Geld passiert. Dass jemand sein Geld investiert und sich komplett raushält, gibt es auf der ganzen Welt nicht.
Was könnte man sonst tun?
Man müsste einen Arbeitskreis gründen und die ganzen Unternehmen der Region einmal zusammenbringen, die wichtigsten Wirtschaftsbosse müssten mitmachen. 1860 ist doch eine lukrative Marke, zumindest wenn sie wieder in die Bundesliga kommen. Und München ist prädestiniert für zwei Bundesligaklubs. Da muss doch was gehen!
Herr Beckenbauer, das war jetzt aber ein leidenschaftliches Plädoyer für 1860.
Ja, weil ich hoffe, dass sie nicht untergehen. Also, machen Sie weiter mit Ihrer Aktion „Rettet die Löwen“, vielleicht kriegen wir es ja hin.