Fan-Provokation? Löwen-Neuzugang Joel Zwarts erklärt in der AZ seinen Torjubel

München - Joel Zwarts war der einzige Löwen-Neuzugang in diesem Sommer, der nicht ablösefrei wechselte. 150.000 Euro zahlte der TSV 1860 an Drittliga-Konkurrent Jahn Regensburg. Mit derzeit vier Toren in zehn Spielen ist der Angreifer der Top-Scorer bei den Sechzgern, kein anderer Spieler traf in dieser Saison bislang häufiger. Vor dem Duell mit dem SC Freiburg II am Samstag (14 Uhr, Magenta Sport und im AZ-Liveticker) hat die AZ Zwarts zum Interview getroffen.
AZ: Herr Zwarts, wie groß war der Stein, der nach Ihrem Treffer zum 1:0 gegen Preußen Münster am vergangenen Wochenende von Ihrem Sechzger-Stürmerherzen gefallen ist?
JOEL ZWARTS: Persönlich hat es mich natürlich gefreut, dass ich nach längerer Zeit getroffen habe. Es war ein guter Moment, um zu wissen: "Okay, endlich wieder ein Tor geschossen!" Das gibt mir natürlich auch Sicherheit.
Die Kehrseite der Medaille: der 1:1-Ausgleich in der 87. Minute, der Sechzig die drei Punkte entrissen hat.
Leider haben wir nicht gewonnen. Wir haben es verpasst, das 2:0 zu machen und dann ist er hinten reingegangen. Ich denke, wir hätten es uns verdient gehabt.
Zwarts: "Für mich persönlich ist wichtig, meinen Glauben zu leben"
Können Sie uns Ihren Torjubel erklären, bei dem Sie mit Ihren Fingern nach oben zeigten?
Mir wurde gesagt, dass es Kommentare gab, dass ich damit die gegnerischen Fans provoziert haben soll. Aber das war nicht der Fall. Dieser Jubel hat mit einer Stelle in der Bibel zu tun. Zweiter Brief an die Korinther, Kapitel 5, Vers 7: Hm, wie sagt man das auf Deutsch?
Sollen wir Ihren Landsmann und Löwen-Kapitän Jesper Verlaat holen?
(lacht) Es tut gut, mit ihm auch mal auf Niederländisch zu reden und Deutsch kann er deutlich besser als ich. Aber ich versuche es mal in Englisch: "For we walk in faith, not by sight." ("Denn wir wandeln im Glauben und nicht im Schauen", d. Red.) Das bedeutet, dass wir glauben und Gottes Werk folgen werden, auch wenn man nicht alles sehen kann. Für mich persönlich ist wichtig, meinen Glauben zu leben.
Nach Tarsis Bonga sind Sie der zweite Neuzugang der Löwen, der offen über seinen Glauben spricht. Wie können Sie diesen im Alltag eines Fußballprofis leben, der im Rampenlicht steht?
Gerade in schwierigen Phasen hilft mir mein Glaube. Ich kann auf Gott vertrauen, um niemals aufzugeben. Ich verstehe mich sehr gut mit Tarsis, habe mich schon oft mit ihm ausgetauscht. Wir sind auch Zimmerpartner, sprechen viel und beten miteinander.
Wie groß ist Ihr Glaube, dass die Löwen (14 Punkte) und Sie (vier Saisontore) die bisherige Bilanz bald aufbessern?
Als Stürmer willst du immer gewinnen, Tore schießen und viele Chancen bekommen. Ich hatte einen guten Start in die Saison mit dem Doppelpack in Duisburg, danach habe ich weiter alles gegeben, aber die Erfolge sind ausgeblieben. Aber wir trainieren weiterhin hart, wir kämpfen und haben einen Schritt nach vorne gemacht. Anders geht es nicht: Es muss Schritt für Schritt besser werden. Wir lassen hinten nicht viel zu, aber wir belohnen uns nicht.
Zwarts: "Im Spiel musst du im Bruchteil einer Sekunde reagieren, antizipieren, abschließen"
Sie haben nach dem Spiel in Münster im Löwen-TV erklärt: "Wenn man nicht trifft, kriegt man Gedanken." Welche Gedanken sind das konkret – und wie schlagen Sie sich diese wieder aus dem Kopf?
Da hilft mir auch mein Glaube: Gott gibt mir die Kraft, weiterzumachen...
...bis die nächste Chance kommt, das nächste Tor...
...genau. Man muss nur daran glauben. Gegen Münster hätte ich drei Tore schießen können. Danach denkst du dir immer: Hätte ich den Ball doch zuerst angenommen, in Ruhe abgeschlossen. Aber im Spiel musst du im Bruchteil einer Sekunde reagieren, antizipieren, abschließen. Auch schon gegen Dresden hatte ich zwei gute Chancen. Natürlich ärgert mich das, aber mit dem Tor in Münster habe ich den ersten Schritt gemacht.
In einigen Spielen hingen Sie ziemlich in der Luft. Wie sehen Sie sich selbst, welches System bevorzugen Sie – und wie schaut's mit einer Doppelspitze mit Fynn Lakenmacher aus?
Ich weiß schon, dass ich ein bulliger Typ bin und trotzdem schnell und es den Verteidigern schwer machen kann. Was viele nicht wissen, ist, dass ich auch auf der Außenbahn gespielt habe. Ich spiele jetzt schon gerne als Stoßstürmer, aber man hat immer zwei Innenverteidiger, oft bekommt man nur eine Chance und muss das ganze Spiel lauern – und dann zur Stelle sein. Wenn du viele Bälle bekommst, kannst du natürlich viele Tore machen. Ich kann in beiden Systemen spielen, auch mit zwei Stürmern – es würde bestimmt auch mit Laki gut funktionieren.
Lukaku über Zwarts: "Junge, du hast viel Potenzial, du kannst ein guter Stürmer werden!"
Ihr Vorbild heißt aber nicht Lakenmacher, sondern Romelu Lukaku. Erzählen Sie mal.
Romelu ist mein Freund, von dem ich mir das eine oder andere abschaue, aber ein direktes Vorbild habe ich nicht. Wir haben uns vor vier, fünf Jahren auf einer Party persönlich kennengelernt und geredet. Wir sind seitdem immer wieder in Kontakt, zocken auch zusammen Fifa.
Der belgische Nationalstürmer Lukaku ist jetzt also Löwenfan?
Vielleicht (lacht). Als ich noch in Holland gespielt habe, kannten wir uns schon. Er ist ein Freund geworden, gibt mir immer wieder Tipps, was ich besser machen kann. Er sagt immer: "Junge, du hast viel Potenzial, du kannst ein guter Stürmer werden!" Ganz so eine Maschine wie er bin ich noch nicht (lacht).
Ihr letzter Verein, der SSV Jahn Regensburg, trauerte Ihnen dennoch hinterher: Die Fans zeigten sich enttäuscht darüber, dass Sie wohl kommunizierten, in die Heimat zurückkehren zu wollen – und dann bei den Löwen auf der Matte standen.
In meiner Zeit bei Jahn Regensburg hatte ich gute, aber auch schlechte Momente. Leider überwiegen in meiner Erinnerung am Ende die negativen Momente bei Regensburg. Als der Verein abgestiegen ist, habe ich mich gefragt: Was ist am besten für mich? Was ist das Beste für meine Familie? Ich wollte auch am liebsten zurück in meine Heimat, zu meiner Familie. Dann war aber in Holland kein passendes Angebot dabei und die Löwen haben mir klar gemacht, dass sie mich wollen. Wir hatten gute Gespräche mit dem Trainer, dem Geschäftsführer und meinem Berater und ich habe mir gedacht: Die Löwen sind am besten für mich. Ich musste meine Entscheidung treffen, das habe ich getan und jetzt bin ich sehr glücklich, hier zu sein.
Der nächste Gegner am Samstag heißt Freiburg II: Die Fans hoffen gewiss darauf, dass bei Ihnen jetzt der Knoten geplatzt ist.
Ich hoffe es auch! Für einen Stürmer ist es am besten, in einen Flow zu kommen. Ich arbeite daran, dass ich das schaffe.
Womit wir bei Ihren Plänen mit 1860 wären. Sie haben sicher nicht bei Sechzig unterschrieben, um schlechter abzuschneiden als Ihr Ex-Klub Regensburg – und die Ziele der beiden Vereine dürften ähnlich sein.
Wir haben erst in Münster gesehen, wie schnell es gehen kann, wenn du fast drei Punkte hast und noch so ein blöder Kopfball reinfällt. Wir schauen von Spiel zu Spiel. Wichtig ist, dass wir gewinnen. Man sieht, dass es in dieser Liga ganz schnell in die richtige Richtung gehen kann.