Ex-Löwe Stefan Ortega: Vom Sechzger-Sündenbock zum Champions-League-Sieger

Bei den Sechzgern war Torwart Stefan Ortega der Sündenbock, nun hat der 30-Jährige als Ersatzkeeper mit Manchester City die Champions League geholt. "Es ist ein bisschen schwer, das Ganze zu verarbeiten".
von  Matthias Eicher
Pokalträger und Triple-Sieger: Ex-Löwe Ortega von ManCity.
Pokalträger und Triple-Sieger: Ex-Löwe Ortega von ManCity. © Revierfoto/imago

München - Die Löwen und ihre Torhüter. Über das Wirken der Sechzger-Schlussmänner könnte man gewiss ein ganzes Buch füllen. Während die aktuelle Nummer eins und Identifikationsfigur Marco Hiller künftig von Neu-Löwe David Richter herausgefordert wird, möchten wir an dieser Stelle auf einen Keeper eingehen, der es vom Giesinger Sündenbock zum Königsklassen-Sieger geschafft hat: Stefan Ortega.

Ortega gewinnt das Triple

Der 30-jährige Deutsch-Spanier, in dem Städtchen Hofgeismar am Reinhardswald (Hessen) geboren, lebt derzeit den Traum Tausender Profisportler: Ortega ist mit Manchester City Champions-League-Sieger geworden. "Es ist gerade ein bisschen schwer, das Ganze irgendwie einzuordnen und zu verarbeiten", meinte Sechzigs Ex-Keeper (2014 - 2017) nach dem 1:0 über Inter Mailand und damit dem vollendeten Triple: "Wenn ab nächster Woche Urlaub ist, wird wahrscheinlich allmählich alles klarer werden."

Als Ersatzmann im Fußball-Himmel

Ortega, der ehemalige Bielefelder und Ex-Löwe, ist hinter Stammkeeper Ederson nur als Ersatzmann in den Fußball-Himmel gelangt. Dennoch ist ihm diese Trophäe in seiner Vita nicht mehr zu nehmen. Ortega kam in der abgelaufenen Spielzeit in 14 Pflichtspielen in allen Wettbewerben zum Einsatz. In der Königsklassen waren die es beiden Vorrundenspiele Borussia Dortmund (0:0) und den FC Sevilla (3:1).

"Wir haben Historisches geschafft"

"Ich weiß gar nicht, wie viele Spiele wir hatten. Ich war das nicht gewöhnt, das ganze Reisen, so viele Partien in allen Wettbewerben, hin und her", erzählt der Torhüter: "Wir haben Historisches geschafft, gerade für die, die länger im Verein sind und es schon öfter versucht haben, ist es ein besonderer Tag."

Astronomische Ausgaben

Ortega spielt darauf an, dass Trainer Pep Guardiola und die "Skyblues" in der Königsklasse bisher als unvollendet galten, da der neunmalige englische Meister trotz astronomischer Ausgaben der Scheichs, die den Klub finanzieren, mehrfach – mehr oder weniger knapp – am Titelgewinn gescheitert war. "Wäre das heute in die Hose gegangen, hätten wir wieder ordentlich Häme abbekommen."

Gute Quote für Ortega, Akanji und Haaland

Ortega scherzt deshalb über Manuel Akanji, Erling Haaland und seine Wenigkeit: "Für Manuel, Erling und mich, die heuer dazugestoßen sind, haben wir ne gute Quote hingelegt." Kann man wohl sagen: Kaum ist er ein Citizen, schon hat er den Henkelpott in Händen.

Tormaschine Haaland

"Ich kann es noch gar nicht so richtig begreifen", meinte Ortega, der bei 1860 "Tego" gerufen wurde. Den Pott konnte er, wie Bilder beweisen, dann doch in die Höhe stemmen, wenngleich Tormaschine Haaland mit seiner Trefferquote von zwölf Toren in elf Spielen einen ungleich höheren Anteil daran hat. Dortmund (1), Leipzig (5) und Bayern (2) bekamen es im Laufe des Wettbewerbs allesamt zu spüren.

Eine zähe Zeit bei den Löwen

Ortega weiß aber auch, wie es sich anfühlt, ganz unten zu sein: Bei 1860 kämpfte er gegen Langzeit-Löwe Vitus Eicher um den Platz im Kasten – ein zähes Ringen. Während Eicher mit einer späten Parade gegen Holstein Kiel vor dem Relegationswunder 2014/15 und dem folgenden, nicht mehr für möglich gehaltenen Treffer durch Kai Bülow als Nichtabstiegsheld in Erinnerung geblieben ist, wurde Ortega 2016/17 zum Sündenbock: Am 34. Spieltag verschuldete der damals 25-Jährige beim Stand von 1:0 für 1860 ein Weitschuss-Gegentor.

Von der Bielefelder Alm zum Henkelpott

Ein Sieg hätte zum direkten Klassenerhalt gereicht, doch nach dem Ortega-Patzer gaben höchst verunsicherte Giesinger das Spiel noch aus der Hand: Das Ende ist bekannt: Sechzig verlor auch die Relegation gegen Jahn Regensburg. Auch mit seinem Herzensverein Bielefeld ist Ortega 2022 aus der Bundesliga abgestiegen, doch er spielte sich mit einer starken Saison ins Blickfeld von City.

Nun ist er am Ziel seiner Träume: von der Bielefelder Alm über 1860 bis zum Henkelpott. Kurios: Wenn man so will, teilt Eicher aktuell Ortegas Schicksal – er ist als Heidenheims Ersatzkeeper in die Bundesliga aufgestiegen.

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