Ex-Löwe Fahrian : „Der da oben wollte mich noch nicht“

Zur Runde 1966/67 spielte er bei den Meisterlöwen: Wolfgang Fahrian, Ex-Nationaltorhüter und Spielerberater wird 70 – und fühlt sich nach einem Herzinfarkt wie neu geboren.
Köln - Er war 234 Tage im Krankenhaus ans Bett gefesselt, lag zwei Monate im Koma, nahm von 112 auf 78 Kilo ab: Wolfgang Fahrian rang zwischen Oktober 2009 und Mai 2010 nach einem Herzinfarkt mit dem Tod. Jetzt geht es dem zehnmaligen deutschen Fußball-Nationaltorhüter und WM-Teilnehmer von 1962 in Chile wieder besser. „Der da oben wollte mich noch nicht“, sagt Fahrian der Nachrichtenagentur dapd über „die schlimmste Zeit meines Lebens“.
Medizinisches Tagebuch
Und Ehefrau Karoloa, mit der er 48 Jahre verheiratet ist, schildert den Leidensweg ihres Mannes so: „Wir haben in einer Parallelwelt gelebt, Weihnachten und Geburtstag fielen in diese Zeit, es war deprimierend.“ Tochter Andrea führte ein medizinisches Tagebuch über das Krankheitsbild ihres Vaters. „Meine Familie war immer für mich da, sie hat alles für mich getan“, sagt der Vater dreier Töchter und Großvater von sechs Enkeln voller Dankbarkeit. Im Kreise seiner Lieben feiert Fahrian am 31. Mai seinen 70. Geburtstag.
„Ich bin froh, dass ich den 70. erleben darf“, sagt der in Köln-Delbrück lebende Fahrian. Mit Radfahren, auf dem Laufband und mit Golf hält er sich fit. Und er will er auch wieder seine Tätigkeit als Spielerberater aufnehmen. Der einst reaktionsschnelle Schlussmann war so etwas wie ein stiller Regent der Transfergeschäfte. Von der Kölner Südstadt aus zog er die Fäden über ganz Europa. Kevin-Prince Boating, Tim Wiese, Grafite, Rafinha oder Jürgen Kohler sind oder waren unter anderem seine Klienten.
„Schwarze Schafe gibt es überall“
Fahrian weiß, dass Spielerberater nicht den besten Ruf haben. „Es gibt solche und solche, schwarze Schafe gibt es überall“, sagt er. Beim sogenannten Bauherrenmodell in den 60er Jahren verlor mancher Fußball-Profi sein Vermögen wegen unseriöser Machenschaften von Beratern. „Da sind viele auf die Schnauze gefallen“, sagt Fahrian.
Zufälle spielten in seinem Leben eine Rolle – bestimmten seine Fußball-Karriere. Denn eigentlich war Fahrian ein passabler Feldspieler. Als Verteidiger wurde er württembergischer A-Jugendmeister, wurde in die süddeutsche Jugendauswahl berufen. Ein Nachbar namens Dieter Wirthwein sagte eines Tages zu Fahrian: „Du liegst so oft am Boden – warum wirst du nicht Torwart?“
WM-Debüt am Geburtstag
Gesagt, getan. Aus dem Verlegenheitskeeper wurde ein Nationalspieler. Einer Sensation gleich kam die Nominierung des Zweitligaspielers aus Ulm für das Länderspiel 1962 gegen Uruguay. Fahrian bewährte sich beim 3:0. Bundestrainer Sepp Herberger nominierte ihn neben Hans Tilkowski, Günter Sawitzki, Günter Bernard, Fritz Ewert und Horst Kirsch für die WM 1962 in Chile.
Fahrians Chancen auf die WM schienen dahin, als er im Frühjahr 1962 einen Bänderriss erlitt. „Sie humpeln ja noch“, sagte Herberger vor dem WM-Lehrgang der Nationalmannschaft. Aber DFB-Masseur Erich Deuser machte Fahrian fit. Der Torhüter gab an seinem 21. Geburtstag sein WM-Debüt und blieb beim 0:0 gegen Italien ohne Gegentor. Deutschland wurde nach Siegen gegen die Schweiz (2:1) und Chile (2:0) Gruppensieger. In Viertelfinale folgte das WM-Aus gegen Jugoslawien.
Nach Sperre nicht mehr die Nummer eins
1964 kehrte Fahrian Zweitligist Ulm 46 den Rücken und unterschrieb bei Hertha BSC. Er geriet aber in die Mühlen der DFB-Justiz, weil er sich den Wechsel bezahlen ließ. Doch Zuwendungen in Form von Handgeldern waren laut Vertragsspielerstatut nicht erlaubt. Ihm wurde ein Jahr Sperre aufgebrummt, die später auf sechs Monate reduziert wurde. Fahrian verpasste die WM 1966 in England: „Das war ein harter Schlag für mich.“ Und er schaffte die Rückkehr ins Nationalteam nicht mehr.
Jean Löring, Präsident und Mäzen von Fortuna Köln, wo Fahrian zum Ende seiner Karriere spielte, riet dem Torhüter damals: „Du kennst im Fußball doch Gott und die Welt. Mach was im Fußball.“ Er wurde Spielerberater und gilt bis heute als Branchenführer.