Interview

Ex-1860-Sportchef Oliver Kreuzer: "Ich war noch nie einer dieser Löwen-Hasser"

KSC-Sportchef und Ex-Sechzger Oliver Kreuzer spricht im AZ-Interview über die Rivalität zwischen Bayern und 1860, "latentes Brodeln" beim TSV und "die wahnsinnigen Botschaften des Herrn aus Abu Dhabi".
von  Matthias Eicher
Zunehmend auf Distanz zur Ismaik-Fraktion um Noor Basha: Oliver Kreuzer (links) spricht heute von "wahnsinnigen Botschaften des Herrn aus Abu Dhabi".
Zunehmend auf Distanz zur Ismaik-Fraktion um Noor Basha: Oliver Kreuzer (links) spricht heute von "wahnsinnigen Botschaften des Herrn aus Abu Dhabi". © sampics/Augenklick

München - AZ-Interview mit Oliver Kreuzer: Der 56-Jährige spielte von 1991 bis 1997 beim FC Bayern und war knapp ein Jahr Sportchef des TSV 1860.

Heute Sportgeschäftsführer des KSC: Oliver Kreuzer.
Heute Sportgeschäftsführer des KSC: Oliver Kreuzer. © picture alliance/dpa

AZ: Herr Kreuzer, in München schlagen zwei Herzen in Ihrer Brust. Eines für die Roten, ein kleines für die Blauen. . . .
OLIVER KREUZER: Absolut. Das kleine Herz muss eben stillstehen für zwei Stunden, wenn du gegen die Löwen spielst. Für Bayern- oder Sechzger-Fans kann es, gemäß der alten Rivalität, nur einen geben. Für mich nicht. Ich hatte sechs wunderbare Jahre als Bayern-Spieler. Später bei Sechzig hatte ich auch eine schöne Zeit, nur leider viel zu kurz.

Kreuzer schnell bei den 1860-Fans beliebt 

Dieses Tabu-Thema müssen wir vertiefen: Wie haben Sie es geschafft, trotz Ihrer "roten" Vergangenheit die Sympathien vieler Sechzger zu erobern?
Ich war einfach authentisch, denke ich. Ich bin auch kein gebürtiger Münchner, der sich irgendwann auf eine Seite schlägt. Natürlich habe ich eine Bayern-Vergangenheit, aber das liegt lange zurück. Die Leute werden mir sicher nachsehen, wenn mir einer der weltweit erfolgreichsten Vereine noch am Herzen liegt: Ich liebe die Bayern heute noch. Aber ich war noch nie einer dieser Löwen-Hasser. Als Sportchef (November 2015 bis Juni 2016, d. Red.) habe ich versucht, alles für den Verein zu geben.

Kreuzer verpflichtete Mölders in schweren Zeiten

Wie denken Sie inzwischen über Ihren Abschied beim TSV nach nicht einmal einem Jahr, obwohl Sie 1860 aus dem Tabellenkeller führen konnten?
Ich habe den Verein in einer schwierigen Situation übernommen: Wir waren mit Trainer Benno Möhlmann Vorletzter und haben versucht, die Mannschaft in der Winterpause zu verstärken: Mit Sascha Mölders, Jan Mauersberger oder Levent Aycicek ist uns das auch ganz gut gelungen. Vor allem wenn man sieht, dass Sascha bei Sechzig zu einer Ikone geworden ist - der ich einen anderen Abschied gewünscht hätte. Am Ende haben wir den Klassenerhalt geschafft und die Zielvorgabe erreicht.

Dennoch trennten sich damals die Wege nach Saisonende.
Wenn man uns hätte weiterarbeiten lassen, hätten wir in der Liga eine gute Rolle spielen können. Davon bin ich überzeugt. Aber es hat nicht sollen sein, ich bin nicht mehr nachtragend. Der Weg von 1860 ist nicht verlaufen, wie ich es mir gewünscht hätte. Mein Weg ging auch so weiter und führte mich zurück zum KSC.

Schneller Aufstieg mit dem KSC in die Zweite Liga

Wenn man so will, haben Sie mit dem KSC geschafft, was Sechzig aktuell versucht.
Kein einfacher Weg. Als Aufsteiger haben wir uns erst am letzten Spieltag in Fürth gerettet. Danach haben wir eine stabile Saison gespielt und sind Sechster geworden. Das war ein herausragendes Jahr. Manche Fans rufen dann schon nach dem Aufstieg.

Siehe Sechzig.
Glaube ich auch. (lacht) Und das, obwohl wir vom Etat her fast am Tabellenende liegen! Man darf nicht vergessen: Bei uns stand alles auf der Kippe. Zum Glück konnte sich der Verein retten. Wir bauen gerade ein neues Stadion. Wir haben noch viele Baustellen, aber mit fast allen Leistungsträgern gültige Verträge. Ich bin sehr froh, wie sich der Verein entwickelt hat, aber in diesem Geschäft musst du das Jahr für Jahr bestätigen.

Kreuzer: "Der Fisch stinkt vom Kopf"

Sie kennen das Innenleben des TSV: damals viele vereinspolitische Turbulenzen, aktuell Ruhe. Hätten Sie sich auch solche Verhältnisse gewünscht?
Damals war die Bundesliga näher, man hat über viele Themen diskutiert. Diese wahnsinnigen Botschaften des Herrn aus Abu Dhabi habe ich irgendwann nicht mehr verfolgt. 1860 ist abhängig von Hasan Ismaik, nach wie vor. Im e.V. gibt es gewisse Strömungen, die sich gegen ihn wehren. Es gibt da ja dieses Sprichwort: "Der Fisch stinkt vom Kopf." Vielleicht etwas zu viel, was die Löwen betrifft. Aber es gibt nun mal zwei so unterschiedliche Lager, daraus wird wohl nie eine richtige Einheit.

Kreuzer wünscht sich, dass 1860 bald wieder oben mitspielt 

Und wenn Ismaik weg wäre?
Würde dann alles besser? Das kann ich nicht beurteilen. Sicher würden viele Leute im Verein feststellen, dass es ohne finanziellen Support nicht läuft. Es sind schwierige, verkrustete Strukturen bei 1860. Jetzt herrscht eher ein latentes Brodeln. Kaum hatten Michael Köllner und Günther Gorenzel mal keinen Erfolg, haben sie gewackelt. Dabei machen sie einen tollen Job! Sollten sie irgendwann aufsteigen, wird die Stadionfrage wieder an die Oberfläche kommen. Trotzdem würde ich es diesem tollen Traditionsverein wünschen, es wieder hoch zu schaffen. Außer Magdeburg sehe ich kein konstantes Team in der Liga. Vielleicht die Chance der Löwen.

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