„Er war einer meiner besten Trainer“
Pele Wollitz, Coach von Energie Cottbus, über Lienen, Löwen und den Druck in der Lausitz
AZ: Herr Wollitz, Sie haben in Cottbus im Sommer viel Auf-bruchstimmung aufgelöst. Die Erwartungen waren hoch. Wie enttäuscht sind Sie mittlerweile?
CLAUS-DIETER WOLLITZ: Die Erwartungen waren berechtigt, wenn man ein Bundesligaabsteiger ist. Wir müssten, gemessen am Spielermaterial, mehr Punkte haben, das gebe ich selbstkritisch zu. Die Lage ist für keinen hier befriedigend.
Woran lag es?
Wir haben naive Fehler gemacht und achtmal eine 1:0-Führung verspielt. Und durch die vielen Ausfälle hatten wir im Training keinen hohen Leistungsdruck.
Viele wirken sehr passiv und reserviert, wenn man Ihnen offen die Meinung sagt. Das waren die hier alle nicht gewohnt. Ich wiederum lebe davon, mich austauschen zu können. Und was die Mannschaft betrifft: Ich denke, nach 13 Spieltagen sollte sich keiner mehr dahinter verstecken wollen, dass hier jetzt durch mich alles neu ist.
Ein Problem der Abstiegssaison soll überlebt haben - die Grüppchenbildung im Kader.
Ich dachte auch, das wäre schneller hinzukriegen, im Kader gegenseitiges Vertrauen aufzubauen.
Ist der Aufstieg abgehakt?
Ich habe dem Präsidenten schon vor der Saison gesagt, wenn er aufsteigen wolle, müsse er 30 Millionen Euro in die Hand nehmen. Nur mit bescheidenen Mitteln geht es nicht. Und wer jetzt auf Platz zwölf von Aufstieg redet, verkennt die Realität.
Die Löwen sind sogar Fünfzehnter. Wie sehr überrascht Sie das?
Schon etwas, aber dieser Verein hat seit Jahren aus meiner Sicht weniger Probleme mit der Mannschaft als mit den Erwartungen.
Mit Ewald Lienen sollte alles besser werden. Sie kennen ihn aus Kölner Zeiten. Packt er das noch?
Ich kann nur sagen: er war einer meiner besten Trainer überhaupt. Ich war über 30 und fertig, er hat mir noch mal einen Schub gegeben. Sein Training, seine Ansprache und seine Spielvorbereitung sind sehr gut.
Trotzdem spielen andere oben mit. Wie kann das sein, dass Oberhausen, Union Berlin oder Fortuna vor Cottbus und 1860 stehen?
Das kenne ich noch aus meiner Zeit in Wolfsburg: Wir hatten eine Mannschaft der Gescheiterten, die alle total Bock auf diese Liga hatten. Euphorie und der Wunsch, in dieser Liga etwas zu erreichen – so entstehen verschworene Gemeinschaften.
Der Osten ist ohne Bundesligisten, Hansa und Energie schaffen es wohl auch nicht. Wie sehen sie die Zukunft 20 Jahre nach der Wende?
Es ist mehr als gefährlich. Dabei kann ich nur für Cottbus sprechen und sagen: Die Strukturen hier gehen gar nicht besser. Aber so lange wir noch das Image vom Klub an der Polen-Grenze haben statt dem aus dem Spreewald, wird es immer schwer sein, Spieler her zu holen. Dieses Image müssen wir ändern.
Interview: Udo Muras
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