"Ein langes Löwen-Leben – porentief rein und weiß"

Kaum ein Löwen-Fan weiß das, aber es gibt da jemanden beim TSV 1860, der hat schon länger einen Stammplatz als Torjäger Benny Lauth. Anna Pribbernow (66) ist seit 30 Jahren Waschfrau beim TSV 1860.
MÜNCHEN Kaum ein Löwen-Fan weiß das, aber es gibt da jemanden beim TSV 1860, der hat schon länger einen Stammplatz als Torjäger Benny Lauth. Länger schon, als ihn Michael Hofmann hat, der Torwart, (und der kam immerhin vor 13 Jahren zu den Löwen). Viel länger sogar.
Aber die 66-jährige Anna Pribbernow ist eben schwer wahrzunehmen bei Sechzig. Sie ist die Waschfrau der Löwen, seit 30 Jahren schon. Aber erst am Montag, am Tag ihres Dienstjubiläums, hat sie zum ersten Mal ein paar Interviewfragen beantwortet. Ihr war anzumerken, dass sie das eher unangenehm fand. Anna Pribbernow ist schüchtern. „Mei“, sagt sie. „schreiben Sie bitte nicht zu viel über mich.“
Okay. Aber zumindest muss an dieser Stelle mal hinreichend gewürdigt werden, dass es tatsächlich schon jemand seit 30 Jahren ausgehalten hat beim TSV 1860. Einem wie Manfred Stoffers, der gerade erst seit ein paar Wochen Geschäftsführer ist, erscheint das fast ein bisschen befremdlich. Stoffers witzelt: „30 Jahre bei 1860 – das erscheint ungewöhnlich. Aber wer porentief rein und weiß arbeitet, hat ein langes Löwen-Leben.“
Freilich eines, das sich ein paar Stockwerke unter der Chefetage abspielt. Wenn Anna Pribbernow sagt, „das ist mein zweites Zuhause“, meint sie einen ziemlich dunklen Raum im Erdgeschoss der Geschäftsstelle. 30 Quadratmeter. Groß genug für zwei Trockner und drei sehr moderne Großwaschmaschinen. Die habe Karl Auer, der frühere Präsident, anschaffen lassen, erzählt Anna Pribbernow.
„Ich habe auch schon dem Rudi Völler die Wäsche gemacht“
Der Auerkarl. Nur einer von vielen, vielen Löwen, die nach der Waschfrau zum Verein gekommen und längst wieder weg sind. „Ich habe auch schon dem Rudi Völler die Wäsche gemacht“, sagt Anna Pribbernow. Das war Anfang der 80er Jahre.
An den Rudi kann sie sich erinnern, obwohl sie mit Fußball sonst gar nicht so viel am Hut hat. Den Aufstieg der Löwen wünsche sie sich natürlich schon. Aber ein Fan? Nein, sagt sie, ein Fußballfan sei sie nicht. Und an die Zeit vom Völler erinnert sie sich vielleicht deshalb so deutlich, weil es so schwer war damals. Als sie 1979 zu den Löwen gekommen war, spielte der Klub ja noch in der Bundesliga. Dann gab’s den Lizenzentzug und den Zwangsabstieg. Darunter litt auch Anna Pribbernow – auch ohne Fan zu sein: „Die Bayernliga, das war die schlimmste Zeit. Da habe ich nebenher auch noch einen Putz-Job annehmen müssen, sonst hätte das Geld nicht ausgereicht.“
Jetzt sind die Zeiten bei Sechzig auch nicht wirklich leicht, aber zumindest besser. Zum Dienstjubiläum ist die ganze Mannschaft angetreten auf dem Trainingsplatz. Anna Pribbernow bekommt von den Spielern 30 weiße Rosen geschenkt. Die Profis rufen Hipphipphurra, fast wie früher. Ihre Waschfrau nennen sie „Anna-Mama“, weil die so fürsorglich ist und der Nachname schwer auszusprechen. Michael Hofmann busselt die Anna auf die Wange, bis ihr Tränen der Rührung aus den Augen treten. Trainer Uwe Wolf, der Dinge gern auf den Punkt bringt, sagt: „Die Anna ist ein Stück von Sechzig.“
Vielleicht ist die Anna auch noch da, wenn Wolf schon weg ist, wer weiß? Mit Fahrudin Jusufi, der lange vor Wolf hier mal Cheftrainer war, in der Saison 1986/1987, hat die Anna früher übrigens viel Spaß gehabt. „Der war der Verrückteste“, sagt sie, „mit ihm habe ich immer einen Wettlauf im Treppenhaus gemacht. Ich war schneller. Aber heute würde ich wahrscheinlich verlieren.“ og., ill