Direkter Aufstieg statt Relegation: Die kuriose Meister-Rechnung des TSV 1860

München - Löwen, was war das für ein Meisterstück gegen die Roten Teufel! 3:0 Tore, 1860 Prozent Leidenschaft, alle Chancen im Aufstiegsrennen: Der TSV 1860 scheint nach dem phänomenalen Triumph gegen den 1. FC Kaiserslautern über den Dingen zu schweben.
Köllner: Ein Spezialist des Understatements
Wie gut, dass es Trainer Michael Köllner gibt: Der Oberpfälzer ist ein absoluter Spezialist des Understatements. Ein Meister darin, seine Sechzger und das Umfeld auf den Boden der Tatsachen zu holen. "Ihr werdet es mir nicht glauben, aber morgen schauen wir darauf, was Saarbrücken gegen den 1. FC Magdeburg macht, damit wir am Ende den vierten Platz sicher haben", meinte der 51-Jährige Vollbart-Träger am Dienstagabend.

Als ihn Magenta-Kommentator Sascha Bandermann darauf hinwies, dass Sechzig schon Dritter sei, konterte Köllner: "Wir können am Schluss aber auch noch Fünfter werden." Er müsse sich "mit der Realität beschäftigen" und nicht "mit dem, was vielleicht hypothetisch werden kann."
Der TSV kann sogar Meister werden
Kein Problem, Herr Köllner: Da springen wir gerne ein. Der Grund ist einfach: Auch, wenn es auf Giesings Höhen keiner hören will und schon gar keiner in den Mund nimmt, ist das A-Wort in greifbare Nähe gerückt. Der schier unerreichbare Traum von der Rückkehr in die Zweite Liga liegt womöglich nur noch drei Spiele entfernt - ohne Relegation (27. und 30. Mai). Mehr noch: Der TSV 1860 kann sogar Meister werden! Richtig gehört: Es deutet sogar einiges darauf hin. Nach der Nullnummer von Dynamo Dresden beim SC Verl und dem 1:1 im Topspiel Hansa Rostock gegen Ingolstadt liegt das Duo mit je 66 Punkten ganz oben, der FCI auf Rang vier. Doch das Momentum, das mit Abstand beste Torverhältnis (65:29), beides gehört den Giesingern. Neun Spiele ohne Pleite, satte 23 Punkte, 19:4 Tore - das sind die Zahlen der weiß-blauen Serientäter. Punkteschnitt? Aufstiegsreife 2,55 Zähler!
Auch ein Blick auf die Konkurrenz lohnt sich: Ingolstadt hat in den letzten neun Partien nur 1,22 Punkte pro Spiel geholt, Dresden ist mit 1,33 Punkten nur marginal besser. Nur Rostock hat glatte zwei Zähler im Schnitt eingefahren. Sechzigs kuriose Meister-Rechnung, sie geht so: Holen die Löwen gegen Wiesbaden (Sa., 14 Uhr), den FC Bayern II (16. Mai) und im Saisonfinale bei den Schanzern (22. Mai) drei Siege und bleibt die Konkurrenz im Schnitt, ist der ganz große Wurf drin: Der FCI bliebe damit hinter den Blauen. Schaffen Dresden und Rostock jeweils NICHT die Maximalausbeute und patzen auch nur ein einziges Mal, wäre Sechzig Meister!
Sascha Mölders reagiert bei Aufstiegsfragen meist grantig
Diesmal wäre der Titel keine Notwendigkeit wie 2018 in der Regionalliga, als 1860 das Relegations-Ticket gegen Saarbrücken und den Aufstieg nur dank Platz eins klarmachen konnte. Aber ein Szenario, das realistischer erscheint als Platz fünf, von dem Köllner spricht. Würde man Alpha-Löwe Sascha Mölders, der auf Aufstiegsfragen stets grantig reagiert, den Meisterpokal jetzt unter die Nase halten, würde er das Edelmetall mit den dreiwindschnittigen Flügeln wohl auseinanderbrechen, einen davon dem Fragesteller hinterherwerfen und die anderen beiden als stahlharte Schienbeinschoner tragen.
Doch Kollege Philipp Steinhart ließ sich im Überschwang seiner Gefühle zu einer kleinen Kampfsansage hinreißen. Auf die Frage nach dem Restprogramm meinte der Doppelpacker: "Das sind natürlich drei Bretter. Aber so, wie wir im Moment drauf sind, ist alles möglich!" Erst recht dann, wenn Köllner seine Kicker weiter so erstklassig einstellt wie gegen Lautern - und weiter bundesligareif tiefstapelt.