Dieter Schneider: "Ich bin kein Superheld"
Dieter Schneider, der neue 1860-Präsident, klagt im AZ-Interview über „enormen Erwartungsdruck“ vor seiner Wahl am Montag.
AZ: Hallo Herr Schneider, Sie werden am Montag zum Löwen-Präsidenten gewählt. Darf man schon gratulieren?
DIETER SCHNEIDER: Oh nein, bitte nicht. Ich muss die Verurteilung ja erst noch über mich ergehen lassen. Im Ernst, für mich ist das gar nicht so eine große Sache.
Aber aufgeregt sind Sie schon, oder?
Auch wenn ich Sie enttäuschen muss, die Antwort lautet nein. Für mich war der Schritt die logische Konsequenz aus der letzten Zeit – auch wenn ich nicht wollte, dass Rainer Beeck zurücktritt. Mir war es nur wichtig, dass ich mich nicht betteln lasse und mich nicht ziere, so wie das in der Politik oft zu sehen ist. Da lassen sich Menschen so lange feiern, bis es peinlich wird. Wenn man von mir möchte, dass ich Präsident werde, gut, dann mache ich das. Da muss nicht lange diskutiert werden.
Wie läuft Ihre Wahl ab?
Wir treffen uns zu einer Aufsichtsratssitzung in der Arena vor dem Heimspiel gegen Düsseldorf. Ich glaube, um 18 Uhr. Ich schaue besser noch mal in meinen Terminkalender, nicht dass ich unpünktlich bin. Dann geht es wohl nur darum, die Personalie durchzuziehen. Vielleicht soll ich auch noch ein paar Sätze sagen. Aber eigentlich ist alles geklärt.
Wie werden Sie denn feiern?
Feiern? Ich?
Na, klar. Sie werden doch sicher anstoßen.
Na gut, danke für den Tipp. Ich sollte wohl von zu Hause noch zwei Flaschen Schampus mitnehmen. Das dürfte reichen.
Wieso spielen Sie eigentlich Ihre Wahl so runter?
Ich spiele sie nicht runter. Für mich ist es aber keine große Sache, ich muss die Geschichte jetzt eben durchziehen. Und ich will erst zeigen, dass ich die Aufgabe auch bewältigen kann. Dann kann ich in ein paar Jahren stolz darauf sein, Präsident des TSV 1860 zu sein. Vorher muss ich was beweisen.
Was genau meinen Sie?
Mein Ziel ist, dass der Verein seine ihm zustehende Rolle als wichtiger Bestandteil in der Gesellschaft und im Sport zurückbekommt. Dafür muss aber erst mal die Sanierung durchgeführt werden. Die hat weiterhin oberste Priorität.
Sie stehen mit Ihren Firmen und der Arbeit bei 1860 ständig unter Strom. Können Sie sich überhaupt noch weiter einbringen?
Zeitlich wahrscheinlich nicht. Meine Arbeitstage dauerten zuletzt immer zwischen 16 und 18 Stunden. Etwa die Hälfte davon verbringe ich in meinen Firmen, die andere Hälfte für 1860.
Machen Sie sich keine Sorgen um Ihre Gesundheit?
So lange ich immer Licht am Ende des Tunnels sehe: nein. Natürlich ist die Arbeit auch eine Belastung für mich, aber ich mache mir keinen Kopf.
Wen werden Sie denn zu Ihrem Nachfolger als Vizepräsident vorschlagen?
Zu Personalien gebe ich generell keine Wasserstandsmeldungen ab.
Aha. Haben Sie noch niemanden gefunden?
Zu Personalien gebe ich generell keine Wasserstandsmeldungen ab.
Okay. Von Ihnen wird Großes erwartet. Viele Sechzger sehen in Ihnen einen rettenden Helden. Sind Sie das auch?
Dieser enorme Erwartungsdruck ist eine Belastung für mich. Den gab es am Anfang nur im engsten Kreis, zuletzt wurde er immer größer. Wenn dir ständig jeder auf die Schultern klopft, ist das zwar nett gemeint, aber es bringt einen nicht weiter. Ich tue mich schwer, den alleinigen Retter zu geben. Ich bin kein Superheld. Meinetwegen können mir die Leute in drei Jahren gratulieren, wenn wir was geschafft haben. Vorher nicht.
Dennoch verkörpern Sie die Hoffnung vieler Fans.
Na gut, wenn ich eine Art Aufbruchsstimmung darstelle, freut mich das natürlich. Eine positive Grundhaltung ist enorm wichtig. Und wir wollen diese Atmosphäre auch wellenartig vorantreiben. Die Fans haben sich lange genug für alles, was mit dem Verein zu tun hatte, schämen müssen. Damit muss Schluss sein.
Sie sind ja sehr kontaktfreudig. Dürfen sich die Löwen-Fans auf einen Präsidenten zum Anfassen freuen?
Sie haben es verdammt noch mal verdient, endlich ernst genommen zu werden. Ein Fan gibt Zeit, Geld und sein Herz für den Verein. Ich will versuchen, für alle ein offenes Ohr zu haben und neben den großen Vereinigungen auch die kleineren Klubs zu besuchen. Ich bin für alle da.
Interview: Marco Plein
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