„Diesmal war ich der Depp“

1860-Torwart Tschauner weiß, dass er im Pokal versagt hat. Er hat kaum geschlafen, quälte sich mit einem Horrorvideo und bekam Trost vom Rivalen.
MÜNCHEN Immerhin hat 1860-Torhüter Philipp Tschauner (23) ein nettes Präsent aus Hamburg mitgebracht: Das durchnässte Trikot von Ivica Olic. „Ich habe ihm gesagt: Ich habe dir das Tor geschenkt, dafür gibst du mir dein Trikot.“
Trösten konnte Tschauner das Souvenir aber auch nicht so recht: Olic, der künftige Bayern-Star, hatte alle drei Treffer beim Hamburger 3:1-Triumph im Pokal-Achtelfinale erzielt, bei Tschauners „schlimmsten Tag der Karriere“ – wie er selbst sagt.
AZ: Herr Tschauner, haben Sie den schlimmen Abend von Hamburg schon verdaut?
PHILPP TSCHAUNER: Das geht nicht so schnell: Ich habe vergangene Nacht fast kein Auge zugemacht, bin erst um drei oder vier Uhr eingeschlafen.
So schlimm war’s?
Ja. Sonst schaue ich mir meine Spiele immer in Ausschnitten im Löwen-TV an, aber diesmal habe ich mir vom Verein gleich nach dem Spiel die DVD vom ganzen Spiel besorgt. Das musste sein.
Und wie kam sie rüber, Ihre persönliche Horror-Show?
Ich hab' auf meinem Laptop immer wieder vor- und zurückspulen müssen, so grausam war das. Ich habe wirklich alles aufarbeiten müssen. Deswegen hat's auch so lange gedauert. Zum Glück hat Julian Baumgartlinger, mein Zimmer-Nachbar, tief und fest neben mir geschlafen.
Wie konnte so ein schwarzer Tag überhaupt passieren?
Ich kann mir das alles immer noch nicht erklären. Beim ersten Gegentor muss ich nur den Ball wegschlagen, dann gehen wir mit 0:0 in die Pause. Dann läuft das Spiel ganz anders. In Rostock habe ich den Sieg festgehalten (1:0, d. Red.), diesmal war ich leider der Depp. Das ist das Schicksal eines jeden Torhüters. So ein schlechtes Spiel hab ich zuletzt in der B-Jugend des 1. FC Nürnberg gemacht.
Trainer Kurz stützt Sie, er will von einer Torwart-Diskussion nichts wissen. Gab's Sprüche von den Kollegen?
Nein, im Gegenteil. Alle haben sie mich aufgebaut, weil sie wissen, dass es mir leid tut.
Kam auch Ihr Rivale, Ersatztorwart Michael Hofmann auf Sie zu?
Ja, natürlich. Er hat mir gesagt, ich solle mir keinen Kopf machen – das war eine schöne Geste. Wir analysieren unsere Spiele seit einiger Zeit sowieso gemeinsam. Der Michi hat mit mir gefühlt und mich aufgebaut.
Ist das normal, dass ausgerechnet der Konkurrent hilft?
Unser Verhältnis ist nicht mehr nur oberflächlich, wir haben inzwischen ein gutes Verhältnis. Aber jetzt weiß ich, dass ich wieder ein Spiel gewinnen muss. Am besten schon gegen Freiburg (Sonntag, 14 Uhr, d. Red.) – aber da muss ich besser spielen.
Interview: Oliver Griss