Die Vielleicht-Kandidatin und die Chance fürs Grünwalder
MÜNCHEN - Die zweite Bürgermeisterin Christine Strobl (SPD) über ihre Ambitionen, Oberbürgermeisterin zu werden, ihre Kinder und die Probleme mit der Zukunft des Grünwalder Stadions
AZ: Frau Strobl, Christian Ude kann kein weiteres Mal mehr kandidieren. Wollen Sie seine Nachfolgerin werden?
STROBL: Ausgeschlossen ist das nicht. Wieso sollte es nicht möglich sein? Ich würde schon mögen – wie alle anderen auch, die genannt werden.
. . . wie der Fraktionschef Alexander Reissl oder der Münchner SPD-Chef Ulrich Pfaffmann . . .
Ich sage nicht, ich will unbedingt und ich will unbedingt alle wegräumen. Denn manche Dinge im Leben können sich schnell ändern. Ich bin ganz froh, dass es zwei Leute gibt, die es machen können. Und die sollten Ahnung von der Stadtverwaltung haben.
Der Bekanntheitsgrad lässt zu wünschen übrig
Zwei? Also doch nicht der Landtagsabgeordnete Uli Pfaffmann?
Er kommt als Unterbezirksvorsitzender natürlich genauso in Frage wie der Fraktionsvorsitzende Alexander Reissl. Ich habe von allen den Vorteil, dass ich mit 48 Jahren die Jüngste bin
Aber Ihr aktueller Bekanntheitsgrad liegt nach fast vier Jahren im Amt bei nur 38,8 Prozent. Josef „Seppi“ Schmid liegt bei über 50 Prozent.
Dafür, dass ich noch nicht OB-Kandidatin war, finde ich fast 40 Prozent Bekanntheitsgrad nach dreieinhalb Jahren ziemlich gut. Trotzdem mache ich mir natürlich Gedanken. Doch neben einem OB, der alles überstrahlt, ist es schwer, auch selbst zu strahlen. Man braucht einen inneren Abstand zu solchen Umfragen, sonst wird man unfrei in seinen Entscheidungen. Ich muss mich fragen, was ich selbst will und darf mich nicht nur leiten lassen. Außerdem belasten mich andere Dinge gelegentlich mehr.
Zum Beispiel?
Wie jede berufstätige Frau beschäftigt auch mich die Frage, wie ich meinen Kindern gerecht werde. Oft frage ich mich zum Beispiel, ob ich nicht zu viele Abendtermine mache. Glücklicherweise haben meine Kinder auch noch eine sehr aktive Oma.
Die Probleme einer Mutter im Rathaus
Finden Sie dafür Verständnis im Rathaus?
Als ich früher die einzige Stadträtin mit kleinen Kinden war, war das schwieriger. Heute gibt’s mehrere Stadtratskollegen mit Kindern, da ist es leichter geworden. Wichtig ist: Ich muss das alles mit mir in Einklang bringen können.
Das dauert manchmal eher lang. Denn manche klagen, dass Sie zuviel lavieren. Wie bei den Sportstätten.
Lavieren würde ich das nicht nennen, aber ich brauche für alle Entscheidungen eine Mehrheit im Stadtrat, die bekomme ich nicht mit der Brechstange. Nehmen Sie das Grünwalder Stadion – das ist vermintes Gelände im Rathaus.
Mit Ihrem Vorpreschen, es müsse mindestens bis 2018 erhalten bleiben, haben sie sich schon ein blaues Auge geholt. Soll es abgerissen werden?
Das steht nicht zur Debatte. Es ist mit 90 Spieltagen im Jahr das meistbespielte Stadion in Deutschland. Wenn wir das abreißen, brauchen wir sofort neue Angebote im Amateurbereich. Die müssen auch gebaut werden. Wir brauchen das Stadion aus meiner Sicht noch mindestens bis zum Jahr 2018, weil es keine Alternative gibt.
Das Grünwalder Stadion kostet bis zu 25 Millionen Euro
Das Baureferat hat ausgerechnet, was die Sanierung des Grünwalder kostet, dem Lieblingsstadion vieler Fans des TSV 1860 München.
Das reicht von 1,5 Millionen für den kurzfristigen Erhalt, so dass es noch eine Zeitlang bespielbar ist – bis zu 25 Millionen für eine Generalsanierung. Es gibt Modullösungen, bei denen der Stadtrat aussuchen kann, wie er mit dem Stadion verfahren möchte.
Warum ist der Ärger im Stadtrat so groß? Bei den Grünen und in der SPD gibt es heftige Befürworter und Gegner.
Es gibt Leute, die sagen, ein Stadion an dieser Stelle muss nicht mehr sein. Ich sage: Wir brauchen das Areal nicht sofort, aber wir brauchen für die Stadtentwicklung auch Grundstücke für spätere Generationen.
Rudi-Sedlmayer-Halle ist ein Fall für den Abriß
Wann fallen endlich die Entscheidungen?
Das braucht Zeit, wir werden im Herbst Beschlüsse fassen.
Auch zur leer stehenden Rudi-Sedlmayer-Halle?
Die muss aus meiner Sicht weg, sie ist nicht mehr sanierbar. Die Frage ist nur: Was kommt dann auf das Grundstück? Das Planungsreferat meint, Wohnungsbau ginge dort nicht. Nur Gewerbe.
Es fehlen genügend Kindertagesstätten
Was in München fehlt, sind immer noch ausreichend Kinderbetreuungsplätze.
Beim Angebot sind wir führend in Bayern. Wir eröffnen fast jede Woche neue Einrichtungen. Aber es stimmt: In dicht bebauten Innenstadtbereichen tun wir uns oft schwer, geeignete Grundstücke für Einrichtungen zu finden. Unser Problem ist der Mangel an Plätzen für bis zu Dreijährige. Da werden wir allerdings bis 2011 einen Deckungsgrad von 43 Prozent erreichen. Und wir haben ein Problem bei der Ganztagsbetreuung in Grundschulen – aber das liegt am Freistaat.
CSU-Fraktionschef Josef Schmid will sich um sein zweites Kind kümmern und kurz in Elternzeit gehen.
Wenn Männer in Elternzeit gehen, finde ich das gut. Allerdings sollte es genauso normal sein wie bei Frauen und nicht zum Medienereignis hochstilisiert werden.
Frauen-Power im Münchner Osten: Sie sind neben der Bundestagskandidatin Claudia Tausend auf Plakaten zu sehen.
Wir waren mit der SPD im Frauenbereich immer schon sehr stark und haben in München ein sehr gutes Standing. Sehen Sie: Es fällt auf, dass da zwei Frauen sind. Das hat Aufmerksamkeitswert!
Interview: Willi Bock, Katharina Rieger