Die Sanierer und das Lustobjekt
Torjäger Göktan dürfte 1860 wohl verlassen — wenn der Preis stimmt.„Für jeden Spieler gibt es eine Schmerzgrenze“, sagte Stefan Ziffzer, der Geschäftsführer Finanzen.
MÜNCHEN Der Mann, der den Arbeiterverein TSV 1860 schon einmal als „eine Firma“ bezeichnet hat und damit eine Protestwelle bei den Fans auslöste, meldet sich auch beim Poker um Löwen-Torjäger Berkant Göktan zu Wort. „Für jeden Spieler gibt es eine Schmerzgrenze“, sagte Stefan Ziffzer, der Geschäftsführer Finanzen, gestern der AZ. „Man muss aufpassen, dass man das Gehaltsgefüge nicht sprengt, sonst hast du schnell ein Problem in der Mannschaft.“
Oder mit Göktan. Dessen Vertrag läuft bis 2009, der gebürtige Münchner gehört zu den herausragenden Spielern der Zweiten Liga. Nur bei einem Verkauf nach dem Ende dieser Saison ließe sich noch eine feine Ablöse erzielen. 1860 würde einen Leistungsträger verlieren und einen Publikumsliebling, der für die Fans ein Lustobjekt ist. Aber der Klub würde Geld einnehmen. Ganz im Sinne der Sanierer Ziffzer und Sportdirektor Stefan Reuter, die das Budget notgedrungen knapp halten müssen.
Der Preis muss stimmen
1860 ließe Göktan wohl gehen, wenn der Preis stimmt. Ziffzer rechnete im „Merkur“ vor: „Wenn ich eine Ablöse nicht nehme, dann kostet mich der Spieler nicht nur sein Gehalt, sondern auch die entgangene Ablöse. Wie wir am Beispiel Marcel Schäfer von einer Million Ablöse und 200000 Euro Lohn ausgehen, dann stellt sich die Frage: Würde ich ihn für 1,2 Millionen Gehalt verpflichten? Nein, das würde alle Strukturen zerstören. Wir müssen auch nächstes Jahr unsere Rechnungen zahlen.“
Im Gespräch mit der AZ nannte Ziffzer gestern den Transfer von Miroslav Klose von Bremen zu Bayern als beispielhaft: „Bremen hat Klose auch für viel Geld vor Vertragsende gehen lassen (geschätzte 12 Millionen Euro, d. Red.) und gewusst, dass Substanz verloren geht. Trotzdem hat es Bremen gemacht.“
Ob sich Werder dabei verzockt hat? Im ersten Jahr ohne Klose steckt Bremen nun in der Krise, droht gar eine Europapokal-Teilnahme zu verpassen. Göktan (17 Tore in 27 Zweitliga-Einsätzen) dürfte für die Löwen ebenso wichtig sein wie einst Klose für Werder.
Sonderfall Stürmer
Ziffzer sagt deshalb über die Vertragsverlängerung des Stars: „Die Rechnung liegt bei einem Stürmer natürlich anders als bei einem Defensivspieler.“ Derzeit verdient Göktan geschätzte 200000 Euro brutto; Spitzenkräfte bei 1860 kassieren pro Jahr rund 500000 Euro. Diese Summe gilt als Höchstwert, der nicht überschritten werden soll. Auch nicht im Fall Göktan. Andere Klubs zahlen deutlich höhere Gagen.
Geht Göktan also? Trainer Marco Kurz: „Der Spieler hat signalisiert, das er bleiben möchte.“ Er glaubt und wünscht sich: „Berkant wird nächstes Jahr auch hier spielen.“ Falls den Chefs die Sanierung des Klubs nicht wichtiger ist.
Oliver Griss