„Die Löwen sind der ideale Übernahmekandidat“

Ilja Kaenzig war mal Bundesliga-Manager. Jetzt vermittelt er den Klubs Investoren aus Osteuropa. Den Schwarzer-Einstieg findet er „simpel“. „Wir hatten ganz anderes vor mit 1860“
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Wehrlos in Zeiten der Fußball-Geschäftemacher? Der Löwe, sagt Übernahme-Experte Kaenzig, könne noch wachsen und sei deshalb interessant für Großinvestoren.
az 2 Wehrlos in Zeiten der Fußball-Geschäftemacher? Der Löwe, sagt Übernahme-Experte Kaenzig, könne noch wachsen und sei deshalb interessant für Großinvestoren.
Ilja Kaenzig, früher Manager bei Leverkusen und Hannover.
firo/Augenklick 2 Ilja Kaenzig, früher Manager bei Leverkusen und Hannover.

Ilja Kaenzig war mal Bundesliga-Manager. Jetzt vermittelt er den Klubs Investoren aus Osteuropa. Den Schwarzer-Einstieg findet er „simpel“. „Wir hatten ganz anderes vor mit 1860“

AZ: Herr Kaenzig, Sie kämpfen schon seit Jahren darum, dass Investoren auch bei deutschen Fußball-Klubs mit mehr als 49 Prozent einsteigen können. 1860 ist nun eine Partnerschaft mit einer Investorengruppe aus Berlin eingegangen und prompt hat die DFL angekündigt, dies genau prüfen zu wollen...

ILJA KAENZIG: Ach, die DFL muss zeigen, dass sie die Hand am Fuß hat in dieser Sache. So eine Kluböffnung kurz vor einer Abstimmung darüber, ob die 50+1-Regel gekippt wird, das hat ja auch politische Dimensionen. Aber so, wie das bei 1860 alles klang, hat sich das Präsidium ja auch im Vorfeld mit der DFL abgestimmt. Ich glaube nicht, dass der Deal nicht zustande kommt oder das Modell nicht satzungskonform ist. Ich halte das für eine Routine-Untersuchung.

Es geht bei der Untersuchung wohl vor allem um die Frage, ob Miroslav Stevic nun von Herrn Schwarzer installiert worden sei oder nicht.

Selbst, wenn das so wäre, wird man es nicht belegen können. Wenn es wirklich darum gehen sollte, dann wäre diese Untersuchung weit weg von der Realität.

Vor einem Jahr untersagte die Liga einen Investoren-Einstieg bei Carl-Zeiss-Jena...

In Jena gab es eine Konstellation, wo die sogenannten Investoren die Führung im Klub übernehmen und außerdem 20 Millionen zahlen, aber sonst keine Gegenleistung haben wollten. Das erschien tatsächlich höchst dubios. Da ging es wohl nicht um Fußball, da musste man annehmen, dass der Deal in Richtung Geldwaschmaschine geht. Bei 1860 ist das ganz anders. Da investiert ein Geschäftsmann in Transferrechte, es gibt keine Anzeichen dafür, dass Herr Schwarzer die Macht bei 1860 übernehmen möchte.

Kennen Sie Herrn Schwarzer eigentlich?

Nein, überhaupt nicht. Sein Umfeld, wie zum Beispiel Veit Wirth (Geschäftsführer der Investorengruppe, d. Red.) ist in der Fußball–Szene aber durchaus bekannt.

Wollten auch Sie mit 1860 ins Geschäft kommen?

Wir waren mit den Sechzgern in Kontakt und hatten auch eine gemeinsame Basis gelegt, auf der wir aufbauen wollten. Jetzt kam aber das Projekt Schwarzer dazwischen. Aber wir hatten auch etwas ganz anderes vor mit 1860.

Nämlich?

Wir wollten den Löwen einen wirklichen Investor vermitteln, vor allem für die Zeit nach dem Kippen der 50+ 1-Regel. Das Geschäft mit Herrn Schwarzer erscheint mir eher als klassisches Geschäftsmodell, bei dem jemand Geld zur Verfügung stellt und als Absicherung Anteile erhält. Das ist ein ganz simples Finanzierungsmodell und keinesfalls eine Übernahme. Wegweisend und beispielhaft ist dieser Deal sicherlich nicht, innovativ aber auf jeden Fall.

Ist Ihr Interesse, mit 1860 zusammenzusarbeiten, nun erloschen?

Nein. Für einen Verein der Größe von 1860 ist ein richtiges Investorenmodell viel interessanter als der jetzt eingeschlagene Weg. Aufgrund seiner Historie, seiner Bekanntheit, seiner großen Anzahl von Fans und seiner Verwurzelung in der finanzstarken Stadt München gehört der Klub einfach in die Bundesliga. Zusammen mit einem Investor kann bei 1860 etwas Großes entstehen. Die Löwen sind ein idealer Übernahmekandidat für einen Investor oder einen strategischen Partner, weil sich beide Seiten stark befruchten könnten.

Wie genau?

Sechzig hat alle Voraussetzungen, um eine wichtige Rolle in der Bundesliga zu spielen. 1860 kann wachsen, deswegen sind sie interessant für große internationale Investoren. Im Gegensatz etwa zu Unterhaching, deren Möglichkeiten wegen ihrer Größe einfach begrenzt sind.

Konkret: Kennen Sie Investoren, die sich für 1860 interessieren?

Da gibt es genügend, aus dem Ausland wie auch aus Deutschland. Ich kann mir sogar vorstellen, dass es eines Tages eine Investitions-Mischform geben kann bei 1860. Auf der einen Seite Schwarzer für den sportlichen Bereich, auf der anderen Seite ein Groß-Investor für die Infrastruktur. Da denke ich etwa an Stadion, Trainingsbedingungen und Marketing.

Wie viele Übernahmekandidaten sehen Sie in Deutschland?

Grundsätzlich mehr als in England. Deutschland wird ein sehr interessanter Markt werden für Investoren. Nicht für solche, die sich einen Namen machen wollen oder sich, wie Roman Abramowitsch bei Chelsea aus emotionalen Gründen einen Klub zulegen. Solche Leute werden auch weiterhin in die Premier League gehen, weil das die globale Liga ist. Wenn ich bekannt werden möchte, dann muss ich nicht zu Sechzig gehen.

Genauer, bitte.

In Deutschland werden eher klassische Sportinvestoren, wie wir sie aus Amerika kennen, einsteigen. Die wollen nicht auf der Ehrentribüne in der Mitte sitzen oder einen Präsidententitel im Verein haben, sondern im Hintergrund bleiben wollen.

Was macht Deutschland interessant für Investoren?

Die Infrastruktur steht schon, die Vereine sind professionell geführt, haben kaum Schulden, Deutschland ist das größte Land in Europa und Fußball ist so etabliert, dass Menschen aus allen Schichten in die Stadien gehen.

Wann fällt denn 50+1?

Die Regel wird in absehbarer Zukunft fallen, da bin ich mir sicher. Die Klubs werden erkennen, dass es eine Riesen-Chance ist für den deutschen Fußball und dass es eben nicht um reiche Russen geht, die die deutschen Klubs in den Abgrund stoßen wollen oder dass jemand Geld waschen möchte in der Liga oder ein Araber aus Schalke 04 Schalke 05 machen möchte. Wenn Uli Hoeneß sagt, dass der FC Bayern durch die Wirtschaftskrise einen Vorteil hätte gegenüber den Investoren-Klubs aus England, was entgegnen Sie dann?

Wenn Uli Hoeneß sagt, dass der FC Bayern durch die Wirtschaftskrise einen Vorteil hätte gegenüber den Investoren-Klubs aus England, was entgegnen Sie dann?

Herr Hoeneß hat doch recht. Die Bayern werden profitieren durch die Krise. Momentan würden sich viele ein Festgeldkonto wünschen. Aber das ändert nichts daran, dass eine Öffnung für Investoren sinnvoll ist und die Klubs davon profitieren werden.

Glauben Sie, dass die Bayern sich irgendwann noch mehr für einen Partner öffnen werden?

Sicherlich nicht mehr in diesem Jahrzehnt.

Interview: Filippo Cataldo

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