Die Löwen: Entzaubert von Fortuna
Düsseldorf - Florian Hinterberger muss eine Vorahnung gehabt haben. Als der Sportchef des TSV 1860 am Freitagmittag ins Flugzeug Richtung Düsseldorf zum Auswärtsspiel seiner Löwen flog, wurde er von einer netten Stewardess gefragt, ob er was Süßes möchte. Hinterberger erwiderte im Spaß, ob auch ein Schnaps möglich sei. Doch dann nahm er mit einem Schokoriegel vorlieb – vielleicht aber wäre der Schnaps doch besser gewesen.
Denn bei dem, was er am Abend beim schwachen 1:3 der Löwen in Düsseldorf mitansehen musste, hätte ein wenig Beruhigung sicherlich gut getan: Dass die Fortuna seine Löwen vorführen und entzaubern würden, hatte auch er sich kaum vorstellen können. „Die waren bärenstark“, sagte Hinterberger später und wiederholte: „Bärenstark. Wenn wir hier hätten punkten wollen, wäre eine absolute Topleistung vonnöten gewesen. Was mich ärgert, ist, dass wir nicht im Ansatz an unsere Leistungsgrenze gekommen sind.“
Zum Durchklicken: Die Löwen in der Einzelkritik
Tatsächlich hatten die Löwen eine nach ihrem jüngsten Höhenflug nicht für möglich gehaltene Lehrstunde bekommen. Düsseldorf spielte den TSV schon in den ersten zehn Minuten derart schwindelig, dass Präsident Dieter Schneider später sagte: „Wir können froh sein, dass wir nicht noch höher verloren haben.“
Denn für die Sechzger war es tatsächlich bitter mitanzusehen, dass sie die Rheinländer zum einen nie vom eigenen Tor fernhalten konnten, und dass sie zum anderen erst dann gefährlich wurden, als es schon 3:0 stand und das Spiel längst entschieden war. Vorher hatte Ex-Löwe Sascha Rösler einen Elfmeter verwandelt, nachdem Arne Feick den wieselflinken Maximilian Beister im Strafraum gefoult hatte (29.).
Nur 19 Sekunden nach der Pause erwischte Andreas Lambertz die Löwen im Tiefschlaf und schoss das 2:0, Schneider sagte: „Wenn man so pennt, zieht einem das den letzten Saft aus den Knochen.“ Und schlussendlich donnerte Beister höchstpersönlich die Kugel aus spitzem Winkel in die Maschen, nachdem er den hilflosen Dominik Stahl vernascht hatte (67.).
Dass die Löwen später durch Benny Lauths Elfmeter (85.) das Ergebnis beschönigten, fand Trainer Reiner Maurer dann aber „lobenswert“. Er sagte: „Trotzdem muss man festhalten, dass unserer Leistungsträger heute weit weg waren von ihren Möglichkeiten. Es ist ein bisschen bitter, dass wir hier so deutlich in die Knie gezwungen wurden."
Nach ihren zuletzt vier Pflichtspielsiegen am Stück sind die Löwen, wie Schneider später sagte, „auf den Boden der Tatsachen geholt worden. Wenn wir es jetzt hinbekommen, die Euphorie der letzten Wochen zu dämpfen und das Gefühl einer Niederlage zu relativieren, dann werden wir uns auf einem vernünftigen Level einpendeln“.
So sah es auch Maurer: „Es hatte ja keiner erwartet, dass unsere vier Offensiven in jedem Spiel drei Tore schießen und sechs Vorlagen geben würden.“ Wohl wahr, aber etwas mehr Kampf wäre doch gut gewesen. So konnte der überragende Beister nach einer Löwen-Ecke (!) einen Solo-Lauf übers ganze Feld starten. Er umkurvte ganz locker fünf 1860-Profis. Erst an Kiraly scheiterte der 20-Jährige. Daniel Bierofka jedenfalls war bedient. Angesichts der Tatsache, dass er nach der Pleite die Nacht in Düsseldorf verbringen musste, sagte er: „Da hätte ich lieber im Bus sechs Stunden Karten gespielt, als nun stundelang die Wand im Hotelzimmer anzustarren.“
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